Ohrakupunktur nach Nogier (Auriculo-Therapie)

Akupunktur am Ohr
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Konzept und Wirkung
Akupunktur am Ohr
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Die Ohrakupunktur (auch als Auriculo-Therapie bezeichnet) ist eine Diagnose- und Therapieform mit langer Tradition. Ihre Wurzeln reichen zurück bis ins Altertum zu Hippokrates (5. Jh. v. Chr.). Hinweise auf die Ohrakupunktur finden sich auch in 2000 Jahre alten chinesischen Schriften oder im alten Ägypten. Und sogar die Piraten früherer Zeiten kannten Einfluss und Wirkung bestimmter Punkte am Ohr auf den Körper: Ihre markanten goldenen Ohrringe wurden durch den „Augenpunkt“ gestochen, der die Sehkraft verbessern soll.

Heute finden sich in der Ohrakupunktur zwei verschiedene Richtungen, die sich z. B. in der Punktelokalisation unterscheiden. Bei der Ohrakupunktur der Traditionellen Chinesischen Medizin basiert deren Wirkung auf dem Meridiansystem (Energieleitbahnen). Die französische Methode wurde von dem französischen Arzt Paul Nogier (1908-1996) begründet und erstmals

1956 auf einem Akupunktur-Kongress vorgestellt. Nogier hatte reflektorische Beziehungen und korrespondierende Wechselwirkungen zwischen bestimmten Punkten auf dem Ohr und dem Körper erkannt: In der Ohrmuschel sind die Reflexzonen der Körperorgane so angeordnet, dass sie das Bild eines auf dem Kopf stehenden Embryos ergeben.

Zurzeit gibt es verschiedene Erklärungsmodelle für die Wirksamkeit der Ohrakupunktur. Eine Theorie sieht diese beispielsweise in der Beziehung der Ohrmuschel zum Gehirn und der dort befindlichen Formatio reticularis (Nervenverbände im Gehirn, die die entscheidende Schaltstelle zwischen Gehirn und Körper darstellen): Reize auf die Ohrmuschel werden auf extrem kurzem Weg über die Formatio reticularis zum Gehirn oder zum Erfolgsorgan im Körper weitergeleitet.

Anwendung
Im Rahmen der Diagnose stimuliert Ihr Heilpraktiker verschiedene Punkte auf dem Ohr. Druckschmerzhaftigkeit oder ein messbar erniedrigter Hautwiderstand (siehe dazu auch Elektroakupunktur nach Voll (EAV)) weisen auf eine Schwächung oder Erkrankung des korrespondierenden Organsystems hin.

Bei der Therapie sitzt oder liegt der Patient ruhig und entspannt. Meistens werden kurze, sterile Einmal-Nadeln aus Stahl verwendet, je nach Behandlungsziel auch Gold- oder Silbernadeln, die nach jeder Anwendung sterilisiert werden. Abhängig von der vorherigen, ausführlichen Diagnose werden pro Sitzung ca. 1-4 Nadeln für ca. 20 bis 30 Minuten gesetzt. Es können auch Dauernadeln oder Druckpflaster mit Samenkörnern, die ohne jede Verletzung der Haut auskommen, verwendet werden. Die Anzahl der Behandlungen richtet sich ebenfalls nach der Diagnose, i. d. R. reichen 10-12 Sitzungen.

Anwendungsbeispiele (alphabetisch)
  • Morbus Bechterew
  • Morbus Crohn (Darmentzündung)
  • Morbus Sudeck (Folgeerkrankung nach Fraktur)
  • Nesselsucht
  • Neurodermitis
  • Neuropathien (Nervenerkrankung)
  • Nierenbeckenentzündung
  • Nierensteine
  • Ösophagitis (Entzündung der Speiseröhre)
  • Prostatahyperplasie (gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse)
  • Reizdarm
  • Roemheld-Syndrom (Herzbeschwerden durch ein geblähtes Zwerchfell)
  • Schilddrüsenüber- und –unterfunktion
  • Schilddrüsenvergrößerung, gutartig
  • Schmerzzustände
  • Schulter-Arm-Syndrom
  • Schuppenflechte
  • Sexualstörungen
  • Tinnitus
  • Trigeminusneuralgie (Entzündung des Trigeminus-Gesichtsnervs)
  • Ulcus pepticum (gutartiges Magengeschwür)
  • Verstopfung
  • Wechseljahrsbeschwerden
Gegenanzeigen/Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Risiken

Die Akupunktur ist nicht als alleinige Therapie bei schweren, ernsthaften Erkrankungen geeignet. Dennoch kann die Akupunktur häufig auch in diesen Fällen begleitend in Absprache mit dem behandelnden Heilpraktiker oder Arzt eingesetzt werden.

Nicht angewendet werden sollte die Akupunktur bei stark geschwächten Patienten und Kindern unter 12 Jahren; eine Ausnahme bilden spezielle Akupunkturtechniken wie z. B. die japanische Kinderakupunktur. Auch bestimmte Hauterkrankungen (z. B. Ekzeme) an den lokalen Einstichstellen, Nervenerkrankungen (z. B. Sensibilitätsstörungen), schwere psychische Erkrankungen (z. B. Psychosen) oder Epilepsie schließen i. d. R. eine Behandlung aus.

Kosten
Die Kosten sind abhängig vom Zeitaufwand. Erfahrungsgemäß betragen sie ca. 30-40 EUR pro Behandlung. Sprechen Sie am besten schon im Vorfeld mit Ihrem Heilpraktiker - er informiert und berät Sie gerne.

Abrechnung
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Autoren, Redaktion und Beratung
Autorin: Kirsten Buschmann, Heilpraktikerin
Redaktion: Elvira Bierbach, Heilpraktikerin; Ulrich Sümper, Heilpraktiker

Beratung durch:
Dr. med. Harald Kämper
Platz der Deutschen Einheit 8
46282  Dorsten
dr.kaemper@arcor.de

Weiterführende Literatur   

  • Angermaier, M.: Leitfaden Ohrakupunktur. Mit allen französischen und chinesischen Punkten. 7. Aufl., Elsevier, Urban & Fischer, München 2018
  • Bahr, F.; Strittmatter, B.: Das große Buch der Ohrakupunktur nach Nogier/Bahr. 6. Aufl., Haug, Stuttgart 2016
  • Ogal, H.P.; Kolfter, B. C.: Ohrakupunktur für Praktiker. 2. Aufl., Hippokrates, MVS Medizinverlage, Stuttgart 2011 (Stand 2022: Keine Neuauflage verfügbar)

Informationen zu wissenschaftlichen Studien und anderen Quellen z. B. unter

Adressen

Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur
und Traditionelle Chinesische Medizin e. V.
Wisbacherstraße 1
83435 Bad Reichenhall
www.agtcm.de
sekretariat@agtcm.de

Arbeitskreis TCM im BDH
Südstr. 12c
48231 Warendorf
tcm@bdh-online.de

Diese Gesundheitsinformation wurde am 15.08.2022 erstellt und wird regelmäßig aktualisiert.