Blutdruckmedikamente sind kein Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe

© peterschreiber.media - adobestock.com

SARS-CoV2 nutzt zum Eintritt in die Zellen ACE2 („angiotensin converting enzyme 2“) als eine Art „Türöffner“. ACE2 befindet sich auf der Zellmembran und wird in vielen Organen gebildet, z. B. in Herz, Niere, im Gastrointestinaltrakt und Lunge. Immer wieder wurde daher die Befürchtung geäußert, die blutdrucksenkende Therapie mit ACE-Hemmern (ACEI) und Angiotensin-Rezeptor-Blockern (ARB), zu denen die sogenannten Sartane zählen, könne das Risiko für einen schwereren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung erhöhen – dieses ist offensichtlich falsch.

Eine aktuelle Studie aus China [1] erbrachte den Nachweis, dass Bluthochdruckpatient*innen  die diese Medikamente einnehmen, keine schlechtere Prognose als andere Menschen haben, wenn sie an Covid-19 erkranken. Ausgewertet wurden über 1.100 Covid-19-Patienten. Wie sich zeigte, unterschied sich der Anteil der Patienten, die zuvor mit ACEI/ARB behandelt worden waren, nicht signifikant zwischen den Gruppen mit schweren und milden Krankheitsverläufen (32,9% vs. 30,7%; p=0,645) – auch unter den verstorbenen Patienten war der Anteil derer, die vorher eine Bluthochdrucktherapie erhalten hatten, nicht signifikant höher als der von blutdruckgesunden Patienten.

Ebenso zeigte die Studie, dass es keine Rolle für den Covid-19-Verlauf spielte, ob die Patienten mit ACEI oder ARB behandelt worden waren.

Die Möglichkeit einer Beeinflussung des Covid-19-Verlaufs durch ACEI oder ARB wurde von den Experten schon vorher als unwahrscheinlich und höchst spekulativ eingestuft. ACE2, an das Sars-Cov-2 bindet, und ACE, das die Blutdrucksenker hemmen, sind zwei völlig verschiedene Enzyme. Darüber hinaus sind tierexperimentelle Befunde, dass unter ARB die Bildung von ACE2-Expression zunimmt, nicht konsistent und variierten je nach ARB und Organ. Insgesamt existieren auch keine Daten, die dafür sprechen, dass ACEI oder ARB eine SARS-CoV-19-Infektion durch eine ACE2-Zunahme begünstigen [2], kurz: Die Medikamente machen auch nicht anfälliger für eine Covid-19-Erkrankung.

„Zu dieser Einschätzung kam vor wenigen Tagen auch die ‚European Society of Hypertension‘. In einem Statement [3] empfiehlt sie, die Blutdruckmedikamente nicht umzustellen, weder aus Angst vor einer Covid-19-Erkrankung noch bei einer Covid-19-Erkrankung. Dieser Empfehlungen hat sich die Deutsche Hochdruckliga angeschlossen und durch die aktuellen Daten aus China sehen wir uns in dieser Empfehlung bestärkt“, so das Fazit von Professor Florian Limbourg, Hannover, Vorstandsmitglied der Deutschen Hochdruckliga DHL®.

Literatur

[1] Li J, Wang X, Chen J et al. Association of Renin-Angiotensin System Inhibitors With Severity or Risk of Death in Patients With Hypertension Hospitalized for Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Infection in Wuhan, China. JAMA Cardiol 2020 Apr 23. doi: 10.1001/jamacardio.2020.1624. [Epub ahead of print]

[2] Kreutz R, Algharably EAE-H, Azizi M et al. Hypertension, the renin–angiotensin system, and` the risk of lower respiratory tract infections and lung injury: implications for COVID-19: European Society of Hypertension COVID-19 Task Force Review of Evidence. Cardiovasc Res 2020 doi:10.1093/cvr/cvaa097. Deutsche Fassung abrufbar unter https://www.hochdruckliga.de/stellungnahme/items/statement-esh-coronavirus.html

[3] Danser AHJ, Epstein M, Batlle D. Renin-Angiotensin System Blockers and the COVID-19 Pandemic: At Present There Is No Evidence to Abandon Renin-Angiotensin System Blockers. Hypertension 2020 Mar 25:HYPERTENSIONAHA12015082. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.120.15082. [Epub ahead of print]