Cholesterinsenker: Forscher*innen kommen Ursache von Muskelschmerzen durch Statine auf die Spur

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Cholesterinsenker zählen weltweit zu den meistverordneten Arzneimitteln. Relativ häufig klagen die Patient*innen jedoch über Muskelsymptome, die in Form von Schmerzen oder einer Muskelschwäche auftreten können. Zahlen aus klinischen Anwendungsstudien zufolge treten diese in fünf bis zu 29 Prozent der Fälle auf. Sowohl ältere und weibliche Patienten, aber auch Personen, die körperlich aktiv sind, scheinen ein höheres Risiko zu tragen. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland über sechs Millionen Patient*innen mit Statinen behandelt. Daher ist von mehreren Hunderttausend bis zu 1,8 Millionen Betroffenen auszugehen, bei denen Muskelbeschwerden auftreten. Welche Vorgänge dabei im Körper genau ablaufen und die Symptome auslösen, ist bis heute ungeklärt.

Die Forschergruppe könnte nun die tatsächliche Ursache der Muskelschmerzen gefunden haben: Sie machen ein Protein namens „Gilz“ für die entsprechenden Vorgänge im Körper verantwortlich. Gilz ist eine Kurzform für Glucocorticoid-induzierter Leuzin Zipper. Die Arbeitsgruppe befasst sich seit Jahren und in vielen Studien mit diesem Protein. Eigentlich ist die Hauptfunktion von Gilz im Körper, Entzündungsprozesse zu unterdrücken. Statine schützen vor Herzinfarkten einerseits, indem sie den Cholesterinspiegel senken, andererseits aber auch, indem sie Gefäßentzündungen verringern. Daher vermuteten die Wissenschaftler*innen einen Zusammenhang zwischen Statinen und Gilz. Ihre Daten weisen darauf hin, dass Gilz im Körper Gutes, aber auch Schlechtes bewirken kann. Die Forscher bringen das Protein erstmals mit den Statinen und ihren Nebenwirkungen in Verbindung.

Auf diesen Anfangsverdacht hin analysierten die Pharmazeut*innen für ihre Studie zunächst zahlreiche Datensätze aus weltweit verfügbaren Forschungsdatenbanken: Sie werteten diese daraufhin aus, ob Statine Gilz beeinflussen. Nachdem ihr Verdacht sich erhärtet hatte, konnten die Forscher*innen ihre Vermutung in Versuchsreihen an lebenden Zellen bestätigen. Statine bewirken, dass das Protein Gilz in den Zellen vermehrt gebildet wird. Dadurch beeinträchtigen sie die Muskelzellen. Denn die vermehrte Gilz-Produktion führt dazu, dass die Muskelzellen eher absterben. Zusätzlich wird die Bildung neuer Muskelfasern gehemmt, erläutern die Wissenschatler. Die Forscherinnen schalteten daher Gilz in lebenden Zellen aus und beobachteten dann die Wirkung der Statine. Wenn sie die Behandlung mit Statinen an Muskelzellen oder ganzen Muskelfasern durchführen, bei denen Gilz genetisch ausgeschaltet wurde, bleibt die eben beschriebene Schädigung praktisch komplett aus.

Es gibt Hinweise darauf, dass besonders körperlich aktive Menschen nach der Einnahme von Statinen unter den Muskelsymptomen leiden. Zudem scheinen Statine den Trainingserfolg zu beeinträchtigen. Diesem Zusammenhang wollen die Forscher nun in einem nächsten Schritt nachgehen.

Quelle

The Glucocorticoid-Induced Leucine Zipper Mediates Statin-Induced Muscle Damage. DOI: 10.1096/fj.201902557RRR