Ernährung und Sport können Entzündungsgeschehen bei älteren Menschen positiv beeinflussen

27.02.2023 – Langfristig erhöhte Konzentrationen bestimmter entzündungsfördernder Zytokine gelten als Indiz für das Entzündungsaltern und begünstigen im fortgeschrittenen Alter die Entwicklung einer Sarkopenie. Ein Forscherteam konnte nun in einer achtwöchigen Pilotstudie zeigen, dass sich eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren und Proteinen ist, in Kombination mit regelmäßigem Sport positiv auf das Entzündungsgeschehen älterer Menschen auswirken kann.

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Im Alter noch gesund und fit zu sein, ist ein Wunsch, den wir wohl alle teilen. Um das zu erreichen, ist es u. a. notwendig, dem Inflammaging, zu Deutsch: Entzündungsaltern, entgegenzuwirken. Inflammaging bedeutet, dass es bei älteren Menschen zu einer erhöhten Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen kommt, was zu einem anhaltenden leichtgradigen Entzündungsgeschehen führt. Dieses stört die normalen Zellfunktionen und begünstigt altersbedingte Erkrankungen des Stoffwechsels, des Herz-Kreislauf-Systems und des Bewegungsapparats, wie z. B. Sarkopenie.

Erst kürzlich wurde der Begriff „Inflamm-Aging“ auf „Inflamm-Inaktivität“ ausgeweitet, da verschiedene Studien gezeigt haben, dass eine bewegungsarme Lebensweise einen relevanten Anteil an den entzündlichen Prozessen hat. Mit regelmäßiger Bewegung kann diesen jedoch auch im höheren Alter entgegengewirkt werden. Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass bestimmte Ernährungsweisen die Entzündungsbelastung bei älteren Menschen reduzieren können. Jedoch gibt es bisher keine Studien, die den Effekt von Vibrationstraining in Kombination mit einer Ernährungsumstellung (insbesondere Omega-3-Supplementierung) auf das Entzündungsgeschehen bei älteren Menschen untersucht haben.

Das Acht-Wochen-Programm

Ein interdisziplinäres Forscherteam des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) wollte daher herausfinden, wie sich eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren und Proteinen ist, in Kombination mit körperlicher Betätigung auf das Entzündungsgeschehen bei älteren Menschen auswirkt. Vor diesem Hintergrund führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine achtwöchige, randomisiert-kontrollierte Interventionsstudie mit 61 gesunden Frauen und Männern aus dem Potsdamer Umland im Alter von 65 bis 85 Jahren durch. Alle Teilnehmenden erhielten ein aufbauendes Trainingsprogramm, bestehend aus einem angeleiteten Vibrationstraining im Institut sowie selbständigen Kraftübungen für zuhause. Darüber hinaus wurden die Teilnehmenden per Zufallsprinzip einer von drei Ernährungsweisen zugeordnet. Die erste Gruppe hat sich mithilfe eines Molkenproteindrinks proteinreich (1,2–1,5 g Protein/kg Körpergewicht/Tag) ernährt und erhielt außerdem täglich ein Omega-3-reiches Algenöl (3,5 ml/Tag), das 1397 mg DHA und 749 mg EPA enthielt.
Die zweite Gruppe nahm ebenfalls den Molkenproteindrink zu sich, bekam aber kein Algenöl. Die dritte Gruppe diente als Kontrolle und hat abgesehen vom Training keine weiteren Empfehlungen erhalten und daher die gewohnte Ernährung weitergeführt.

Blutanalysen geben Einblick ins Entzündungsgeschehen

Zu Beginn und am Ende der Studie wurde den Teilnehmern Blut abgenommen, sodass die Wissenschaftler den Omega-3-Plasmaindex messen und verschiedene Entzündungsmarker (Zytokine), wie z. B. das entzündungsfördernde Interleukin-6, bestimmen und vergleichen konnten. Zum einen untersuchte das Forscherteam die Konzentrationen an zirkulierenden Zytokinen im Blutserum. Zum anderen analysierten sie in sogenannten peripheren mononukleären Blutzellen – dazu zählen zum Beispiel Lymphozyten und Monozyten – die Expressionslevel von Genen, die für die Synthese dieser Zytokine zuständig sind. Weiterhin führten die Forschenden einen Ex-vivo-Vollbluttest durch: In diesem stimulierten sie die in den Blutproben enthaltenen Immunzellen mit bakteriellen Lipopolysacchariden (LPS-Stimulierung) und bestimmten die dadurch ausgelöste Zellaktivierung und Zytokinfreisetzung.

Die Forschenden konnten zeigen, dass bei den männlichen Studienteilnehmenden eine Omega-3-haltige, proteinreiche Ernährung in Kombination mit körperlicher Betätigung zu einer Verringerung des Entzündungsgeschehens führt. Sowohl die Menge der zirkulierenden Zytokine als auch deren Genexpression waren signifikant reduziert. Die verringerten Genexpressionslevel konnten ebenfalls in der zweiten Gruppe beobachtet werden, die sich proteinreich ernährte, aber keine zusätzliche Omega-3-Fettsäure bekam. Bei der Kontrollgruppe, die nur das Training absolviert hatte, blieben diese Effekte aus. „Möglicherweise war das Training zu kurz oder zu mild“, sagt Ulrike Haß, Erstautorin der Studie.
Bei den Tests zur Immunantwort nach LPS-Stimulierung stellten die Wissenschaftler fest, dass allein die Bewegungsintervention zu einer geringeren entzündungsfördernden Reaktion gewisser Zytokine der Blutzellen führte.

Es ist nie zu spät für einen gesunden Lebensstil

Die entscheidende Erkenntnis der aktuellen Studie ist, dass das Entzündungsgeschehen bei älteren Menschen, das in Zusammenhang mit der Entstehung zahlreicher Erkrankungen steht, durch Ernährung und Sport teilweise beeinflussbar ist. Demnach sei es auch im Alter noch sinnvoll, sich einen gesunden Lebensstil anzueignen, schlussfolgern die Studienautorinnen und -autoren.

In zukünftigen Untersuchungen wollen das Forscherteam der Frage nachgehen, ob pflanzliche Proteine dieselbe Wirkung erzielen wie das in dieser Pilotstudie verwendete Molkenprotein. Darüber hinaus wollen sie den Effekt von Ernährung und Bewegung bei älteren Menschen untersuchen, die bereits chronische Erkrankungen haben.

Originalpublikation

Haß U, Heider S, Kochlik B, Herpich C, Pivovarova-Ramich O, Norman K. Effects of Exercise and Omega-3-Supplemented, High-Protein Diet on Inflammatory Markers in Serum, on Gene Expression Levels in PBMC, and after Ex Vivo Whole-Blood LPS Stimulation in Old Adults. Int J Mol Sci 2023; 24(2): 928. https://doi.org/10.3390/ijms24020928

Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)