Kommentar zur Entschließung des Deutschen Ärztetages 2018 von Karl F. Liebau

Karl F. Liebau kommentiert aktuelle Forderungen des Deutschen Ärztetags 2018 nach Beschneidung des Heilpraktikerberufs. Darin zeigt er, dass die Ärztefunktionäre, die hinter den Forderungen stehen, wenig über die Voraussetzungen und die Realität des Heilpraktikerberufs wissen. Liebau ist seit 40 Jahren Heilpraktiker, war viele Jahre Präsident des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker, Schriftleiter der Zeitschrift „Naturheilpraxis“ und hat u.a. 25 Jahre als Mitglied im „Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht“ beim BfArM die Interessen der Heilpraktiker vertreten. Er weiß also, wovon er spricht.

Akupunktur am Ohr
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Noch ein Schuss – bevor das Pulver ausgeht?

Die Absicht der CDU/CSU und der SPD auf Bundesebene, sich einmal mit dem Behandlungsspektrum der Heilpraktiker zu befassen, und zwar speziell unter dem Aspekt des Pateintenschutzes, hat der Deutsche Ärztetag 2018 auf Initiative einiger Ärztefunktionäre zum Anlass genommen, eine Entschließung zu fassen. In dieser Entschließung begrüßt der Ärztetag die Absicht der Koalitionsparteien, drückt mächtig aufs Tempo und verlangt, dabei unbedingt „ärztlichen Sachverstand“ einzubeziehen – was zu erwarten war. Und damit die wichtigsten „Anliegen“ der Funktionäre zur Beschneidung des Heilpraktikerberufs nicht vergessen werden, wurden diese schon einmal der Diskussion und deren evtl. Ergebnissen vorweggenommen. So heißt es u.a.:

  • „1. Vom derzeitig zulässigen Tätigkeitsumfang sind alle invasiven Maßnahmen (wie chirurgische Eingriffe, Injektionen und Infusionen) auszuschließen, denn invasive Maßnahmen beinhalten regelmäßig ein besonders großes Schädigungspotential.
  • 2. Die Behandlung von Krebserkrankungen ist von der Erlaubnis auszuschließen …“

Wenn man sich auf dem Ärztetag für das Verbot von bestimmten Therapien und Krankheitsbildern für Heilpraktiker – immerhin in gewisser Weise doch einem „konkurrierenden“ Beruf – ausspricht, sollte man doch von der Ist-Situation ausgehen, also wie die zu ändernden Verhältnisse eigentlich heute wirklich sind, und dieses nicht der Phantasie der Ansprechpartner überlassen. Hier hätte die Detailgenauigkeit zur Wahrheit gehört. So entsteht ein wenig der Eindruck, die Heilpraktiker dürften – wie die Ärzte – alles machen, was sie wollen, ohne die entsprechenden Verpflichtungen und Voraussetzungen der Ärzte zu erfüllen. In Wirklichkeit ist das völlig anders als hier suggeriert wird – offensichtlich damit der Ruf nach einem Verbot und Einschränkungen als glaubhaft oder zwingend und plausibel erscheint.

Medikamente
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Heilpraktiker befolgen den Arztvorbehalt

Zunächst einmal muss man sich vor Augen führen, dass viele Tätigkeiten aus Patientenschutzgründen mit einem massiven Ärztevorbehalt belegt sind: Heilpraktikern ist die Haupttätigkeit eines Arztes – nämlich das Verordnen und Anwenden am Patienten von verschreibungspflichtigen, stark wirksamen und nebenwirkungsbehafteten Arzneimitteln – bei Strafe untersagt. Und dabei handelt es sich um den Löwenanteil der in Deutschland nach dem Arzneimittelgesetz zugelassenen und verordneten Arzneimittel. Dies stellt eine deutliche und umfangreiche Risikoabwehr im Sinne des Patientenschutzes dar. Heilpraktikern stehen lediglich zugelassene und registrierte Arzneimittel, die nicht der ärztlichen Verschreibungspflicht unterstehen, für ihre Behandlungen zur Verfügung.

Auch darf der Heilpraktiker nicht auf Stoffe ausweichen, die keine oder noch keine in Deutschland zugelassenen Arzneimittel sind – selbst wenn sie in anderen Ländern bereits erprobt und evtl. sogar zugelassen sein mögen. Wenn solche Stoffe – auch von Apothekern – zubereitet werden, um diese mit einem Indikationsziel am Menschen anzuwenden, erfüllen sie ab diesem Moment den Definitionstatbestand eines Arzneimittels. Sie stehen dann nach § 48 Arzneimittelgesetz (AMG) unter vorläufiger ärztlicher Verschreibung und sind allein dem approbierten Arzt im Rahmen seiner Therapiefreiheit zugänglich. Dabei trägt auch dieser wegen des „experimentellen“ Charakters seines therapeutischen Vorgehens eine besondere persönliche Haftungsverantwortung. Dieses Vorgehen ist dem Heilpraktiker bei Strafe untersagt, wobei mit der Strafe, die ihn treffen würde, außerdem stets der Entzug seiner Erlaubnis einhergeht.

Schuessler
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Risikoeinstufung der Arzneimittel

Die Verschreibungspflichtkriterien richten sich im AMG nach der Risikoeinstufung des einzelnen Stoffes in seinen unterschiedlichen Darreichungsformen. Der Großteil dieser Stoffe ist in allen Darreichungsformen ärztlich verschreibungspflichtig. Einige Arzneien sind bis zu einer bestimmten Konzentrations- und Dosierungsgrenze als so risikoarm eingestuft, dass sie in ihrer oralen und zum Teil anderen Darreichungsform aus der Verschreibung entlassen und als lediglich apothekenpflichtig eingestuft werden konnten. Sie stehen dem Endverbraucher zu einer behandlergestützten bzw. eigenverantwortlichen oralen Anwendung als Selbstmedikation zur Verfügung.
Es gibt jedoch auch Medikamente, die in der oralen Anwendung zwar verschreibungsfrei sind, aber in einer Verabreichung unter Umgehung der Magen-Darm-Schranke wegen einer gewissen Risiko-Einstufung verschreibungspflichtig sind. Heilpraktikern stehen sie in dieser Darreichungsform nicht zur Verfügung.

Heilpraktiker arbeiten nur mit verschreibungsfreien Arzneien

Darüber hinaus gibt es Arzneimittel, die in allen Darreichungsformen verschreibungsfrei sind. Aus diesem Arzneimittelschatz speist der Heilpraktiker seine Patientenempfehlungen und Anwendungen. Diese Arzneien werden bei der Zulassung jeweils in allen Darreichungsformen auf ein evtl. Risiko geprüft und müssen nachweislich als risikolos bzw. risikoarm eingestuft worden sein.

Auch die Naturarzneimittel, die der Heilpraktiker vorwiegend anwendet, sind nach dem AMG zugelassen oder registriert und müssen, was Qualität und Unbedenklichkeit betrifft, alle Kriterien erfüllen, die auch jedes andere Arzneimittel erfüllen muss. Lediglich im Bereich der Wirksamkeit ist der besonderen Wirkweise der Mittel der „Besonderen Therapierichtungen“ (z.B. Phytotherapeutika, Homöopathika, Anthroposophika) Rechnung zu tragen. Ein Teil dieser Mittel hat auch wegen der bei sachgerechter Anwendung äußerst geringen Risikoeinstufung eine Zulassung als Parenteralia.

Paragraph
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Arzneimittelrisiken werden regelmäßig überprüft

Die gesamten Maßnahmen zur Verkaufsabgrenzung von Arzneimitteln stehen nicht nur so im AMG, sondern werden jederzeit aktuell diskutiert und stets auf den neuesten Erkenntnisstand angepasst.

Zweimal im Jahr tritt der „Sachverständigenrat für Verschreibungspflicht“ ganztägig beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammen, um neue Erkenntnisse und Ereignisse zu Arzneimittelrisiken in all ihren Darreichungsformen zu diskutieren und ggf. Änderungs-Empfehlungen an das Bundesministerium für Gesundheit abzugeben, das dieses dann zeitnah in Verordnungsergänzungen umsetzt und in Kraft treten lässt. Der Verschreibungspflichtausschuss ist das hochkarätigste Sachverständigengremium für die Arzneimittelsicherheit in unserem Land und besteht aus ausgewählten Hochschullehrern in Pharmakologie, Pharmazie, Pharmakokinetik, Toxikologie sowie auch aus Vertretern der forschenden Ärzteschaft und Anwendern in Allgemeinmedizin, Innerer Medizin, Kinderheilkunde usw.

Heilpraktiker kennen Arzneimittelrisiken

Da die Heilpraktiker aus der Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ausgeschlossen sind, betreffen die Diskussionen um die Risikoeinstufung auch den Tätigkeitsbereich der Heilpraktiker. Das gilt insbesondere für Änderungen im Risikobereich von Parenteralia und damit für Änderungen in der Einstufung derselben. Weil für evtl. Änderungen nach gründlicher Diskussion wohlbegründete und einsichtige Argumente vorliegen und das Konkurrenzverhalten in diesem Sachverständigenausschuss mehrheitlich keine Rolle spielt, können dessen Ergebnisse auch eine Akzeptanz und Einsicht erwarten. Der Ausschuss ist über die unverzichtbaren wissenschaftlichen Vertreter hinaus in gewisser Weise nach unserem gesellschaftlichen Proporz besetzt, so dass Abstimmungsergebnisse eine Art gesamtgesellschaftliche Entscheidung darstellen und mancher seine persönlichen Wünsche auch einmal zurückstellen muss.

Naturheilmittel
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Praktische Umsetzung der Risikoeinschätzung

Ein praktisches Beispiel aus dem Ausschuss mag untermauern, was gemeint ist: Als nach der Meldung eines Zwischenfalls in einer ärztlichen Praxis bei der invasiven Anwendung eines Lokalanästhetikums das BfArM den Antrag an den Sachverständigenausschuss stellte, die Verschreibungspflicht für die parenterale Anwendung aller Lokalanästhetika zu beschließen, ist der Ausschuss nach Diskussion dem Antrag gefolgt. Es stellte sich heraus, dass einige „Altarzneimittel“ schon auf dem Markt waren, bevor das neue AMK in Kraft trat, und so noch nicht unter Verschreibungspflicht standen. Diese sollten nun wie alle anderen Lokalanästhetika der Verschreibungspflicht unterstellt werden. Es bestand im Ausschuss eine große Einmütigkeit, dem BfArM zu folgen, weil bei einer invasiven Anwendung die systemischen Auswirkungen der Lokalanästhetika – wie in dem gemeldeten Zwischenfall gesehen – doch unbedingt unter ärztlicher Aufsicht stehen sollten.

Im Anschluss führte eine Risikodiskussion über die nicht-systemische Anwendung zu der Erkenntnis, dass diese wiederum als ausgesprochen risikoarm einzustufen sei, wobei die Anwendung natürlich streng intrakutan sein müsse. Also bestand kein Grund, Heilpraktikern diese Anwendung zu entziehen, die sie in Form der sog. Schmerzquaddel – auch im Rahmen einer Schmerzreflextherapie – anwenden. Auch die Risikoeinschätzung, dass bei einem Pickel evtl. unabsichtlich ein Zugang zum Systemischen passieren könnte, wurde ausführlich diskutiert und in die Regelungsempfehlung mit aufgenommen. Und so hieß es dann sinngemäß:

„ – alle Lokalanästhetika werden parenteral unter Verschreibung gestellt – ausgenommen Procain und Lidocain in einer bis zu 2 %-igen Lösung ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile zur intrakutanen Anwendung an der gesunden Haut.“

Spritze
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Bluabnahme
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Stoffliche Risikoeinschätzung geht über die Darreichungsform

So wie die Dinge im Ausschuss dieser hochkarätigen Fachkapazitäten abgehandelt werden, möchte man sich die sachliche und korrekte Risikobehandlung der invasiven Methoden in der Hand des Heilpraktikers wünschen.

Jede Pauschalierung, wie z.B. jetzt in der politischen Entschließung des Ärztetages, bedeutet einen großen Rückschritt in der Risikoeinschätzung des einzelnen Stoffes. Die Forderung, Heilpraktikern Injektionen, also eine technische Darreichungsform, pauschal zu verbieten, sollte stattdessen einer differenzierten Risikoeinschätzung jedes einzelnen Stoffes zum Verschreibungspflichtkriterium weichen. So sieht es auch das AMG vor. Im anderen Fall bräuchte man diese besondere Risikoeinschätzung genau genommen gar nicht mehr, weil jede Injektion ohnehin unter Verschreibungspflicht stünde. Besonders bei Arzneimitteln, die jetzt oral und parenteral wegen ihrer unterschiedlichen Risikoeinstufungen ein gewisses Aufmerksamkeitspotential besitzen, weil der oral bekannte und harmlose Stoff als Injektion gewisse Risiken bergen könnte, fiele weg. Denn Injektionen unterstünden dann sowieso alle der Verschreibungspflicht – auch die, die stofflich gar kein Risiko besitzen.

Im Sachverständigenausschuss wurde das Thema der parenteralen Darreichungsform als Verschreibungspflichtkriterium bereits ausführlich diskutiert. Allerdings wurde ein solches Vorgehen als Rückschritt und als undifferenziert gegenüber der Risikoeinschätzung des einzelnen Stoffes bewertet.

Man sollte auch die Injektionen nicht mystifizieren, obwohl sie unbeliebt sind und keiner die „Piekserei“ gern hat. Es handelt sich dabei aber durchaus nicht um eine hohe oder geheimnisvolle Kunst, sondern um eine lehrbare und erlernbare Technik, die durchaus nicht komplizierter als andere medizinisch-technische Anwendungen ist. Injektionstechniken werden übrigens an Heilpraktikerschulen oft von Ärzten gelehrt und der gelernte Lehrstoff bestätigt. Berufsverbände bieten zertifizierte Update-Schulungen an. Diese Disziplin ist zudem auch Gegenstand der Überprüfung zur Erlangung der Erlaubnis. Schließlich halten Heilpraktiker für den Eventualfall ein Notfallpaket vor, für das sich der Sachverständigenausschuss positiv ausgesprochen hat. In Notfallkursen wird das Vorgehen gelernt. Zudem ist die Erkennung und Erstbehandlung von Notfällen und lebensbedrohlichen Zuständen bis zum Eintreffen des Notarztes ebenfalls Ausbildungsstoff und Gegenstand der Überprüfung zur Erlangung der Heilpraktiker-Erlaubnis.

Schuessler
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Ärztetag ignoriert Realität

Dies alles ist die Realität. Diese rechtfertigt keinesfalls ein pauschales Verbot von Injektionen aus dem Therapiespektrum von Heilpraktikern. Man beruft sich bei den Forderungen nach einem Verbot übrigens auf einen Zwischenfall bei einem Heilpraktiker, der inzwischen nun −Mitte 2018 − auch schon zweieinhalb Jahre zurückliegt und der seitdem reichlich als Argument gegen den Gesamtberufsstand herhalten musste. Offensichtlich musste dieses Pulver, bevor es allmählich zu Ende zu gehen droht, noch einmal für diesen Schnellschuss des Deutschen Ärztetages als Begründung herhalten. Nachgewiesenermaßen gibt es nur sehr wenige Schadensfälle in Heilpraktikerpraxen. Deshalb fehlt es bei den Heilpraktikern an jährlichen Kunstfehlerstatistiken, wie sie von der Ärzteschaft veröffentlicht werden. Die ärztlichen Kunstfehler gehen immerhin an die Tausende. Auch Opferfallstatistiken, wie die von den zigtausenden Patienten, die an Krankenhauskeimen sterben, fehlen dem Berufsstand der Heilpraktiker.

Der oben erwähnte strafbare Einzelfall muss selbstverständlich nach Recht und Gesetz abgehandelt werden. Aber kann man ihn als Begründung zu Therapieverboten für einen Gesamtberufsstand heranziehen, dessen Risikoeinschätzung, wie oben dargelegt, detailliert und permanent kontrolliert wird? Man muss eigentlich davon ausgehen, dass die Ärzte wissen, dass der strafbare Einzelfall gerade der ist, der sich nicht an die rechtlichen Regeln hält, und der nicht dadurch gänzlich vermieden werden kann, dass man die Vorschriften ändert. Auf gar keinen Fall aber darf man ihn als Begründung für solche Maßnahmen heranziehen. Wäre tatsächlich eine allgemeine Gefahr im Verzug, müsste man sich nicht seit zweieinhalb Jahren dieses Einzelfalles als Begründung bedienen. Zudem sei daran erinnert, dass Heilpraktiker die niedrigsten Berufshaftpflichtbeiträge von allen Gesundheitsberufen entrichten müssen. Das ist schließlich auch eine Aussage. Versicherungen sind unverdächtig, dass sie Geschenke verteilen.

Heilpraktiker operieren nicht

Was den Ruf nach einem Verbot von „operativen Eingriffen“ betrifft, so sitzt man ja hier offensichtlich der Verschwörungstheorie auf, dass Heilpraktikern operieren. Oder man behauptet dieses gegen besseres Wissen – was die Sache nicht besser macht. Zum beruflichen Selbstverständnis der Heilpraktiker gehört, dass er keine operativen Eingriffe vornimmt. Er weiß sehr wohl, dass seine Praxisräume die Bedingungen eines total sterilen OP-Saals nicht erfüllen. Außerdem sind sämtliche Anästhesiemittel nicht nur nach dem Arzneimittelgesetz, sondern in der Regel sogar nach dem Betäubungsmittelgesetz verschreibungspflichtig. Auf Zuwiderhandlungen stehen strenge Strafen und natürlich der Verlust der Erlaubnis. Solche Dinge den Heilpraktikern zu unterstellen, um dann nach deren Verbot zu rufen, trägt schon zynische Züge.

Therapiegespräch
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Heilpraktiker begleiten ärztliche Krebsbehandlungen

Um noch kurz auf die Forderung einzugehen, die „Behandlung von Krebs aus der Zulassung auszunehmen“, muss man ebenfalls wissen, dass es zum beruflichen Selbstverständnis des Heilpraktikers gehört, dass er dieses Krankheitsbild mit seiner „Behandlung in Eigenverantwortung“ nicht abdecken kann. Er sieht sich jedoch durchaus bei Patienten, die sich mit dieser Erkrankung in einem festen klinischen Raster befinden, in der Rolle eines vertrauensvollen Beraters, der begleitend, tröstend, evtl. lebensqualitätsverbessernd bei den zum Teil sehr konsumierenden klinischen Therapien mithelfen kann – freilich in der Einsicht, dass diese meistens unumgänglich sind. Der Heilpraktiker hat die Fortschritte der klinischen Maßnahmen bei bestimmten Krebsarten durchaus anerkennend und erleichtert zur Kenntnis genommen und befindet sich diesbezüglich in der Realität der Medizinwelt.

Fazit

So ist schließlich die Entschließung des Ärztetages, weil sie sich einmal zu wenig – oder gar nicht – an den Realitäten orientiert und weil sie vehement das Ergebnis einer evtl. Diskussion vorwegnimmt, mehr ein Akt berufspolitischer Willensbildung zu Einschränkungen eines in der Alltagsheilkunde konkurrierenden Berufsstandes, als ein Akt einer auf Tatsachen gegründeten Besorgnis um das Patientenwohl beim Heilpraktiker.

Der Arzt hat in unserer Gesellschaft an sich eine hohe Reputation und muss mit dieser gerade im Hinblick auf das Patientenwohl besonders verantwortlich umgehen. Er darf eine solche berufspolitische Entschließung nicht als Besorgtheit an verantwortliche Politiker herantragen, die schließlich keine Ärzte sind und sich darauf verlassen müssen, dass Empfehlungen von Ärzten für ihr Handeln auf wohlbegründeten Tatsachen beruhen.

Abschließend erscheint es nach Lage der Dinge nicht ganz unbegründet zu fragen, ob die ganze Forderung der Ärzteschaft an die Politik, dem Heilpraktiker etwas wegzunehmen, nicht vielleicht überhaupt mehr eine Aufbauspritze für die IGEL-Leistungen beim Arzt sein sollte?

Karl F. Liebau
E-Mail: Karl.F.Liebau@gmail.com