Krebstherapien können Herz und Gefäße schädigen

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Die Therapie von Krebserkrankungen hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Verbesserte Operationsmethoden, eine präzisere Strahlenbehandlung und neue Medikamente konnten die Überlebenschancen der Patienten deutlich verbessern. Doch der Fortschritt hat seinen Preis: „Viele Krebstherapien können Herz und Kreislauf schädigen – auch die modernen, zielsicherer an Krebszellen ansetzenden Wirkstoffe können das Herz-Kreislauf-System in Mitleidenschaft ziehen“, warnt der Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und betont: „Unter diesen Bedingungen gilt es sicherzustellen, dass das Langzeitüberleben und die Lebensqualität von Menschen, die ein Krebsleiden überstanden oder unter Kontrolle gebracht haben, nicht von einer neu auftretenden oder sich verschlimmernden Herz-Kreislauf-Erkrankung beeinträchtigt werden.“

Keine Doppelbelastung aus Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankung!

Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebsleiden sind nicht nur in ihrer Häufigkeit als Volksleiden und aufgrund der höchsten Todesrate eng miteinander verknüpft. Bluthochdruck, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Rauchen, Übergewicht, ungesunde Ernährung und erhöhte Blutfettwerte (Cholesterin) sind einerseits Risikofaktoren, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Andererseits spielen diese Risikokrankheiten auch beim Entstehen und Fortschreiten von Krebsleiden eine bedeutende Rolle und sind mitverantwortlich dafür, wenn es unter der Therapie einer Krebserkrankung vermehrt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommt. „Heute sterben mehr Tumorpatienten an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung als jemals zuvor“, berichtet Prof. Dr. med. Stephan Baldus, Direktor des Herzzentrums der Uniklinik Köln. Nicht nur das Rauchen ist ein Risikofaktor sowohl für Krebserkrankungen als auch für die koronare Herzkrankheit (Arteriosklerose) in den Blutgefäßen, die das Herz versorgen. „Viele wissen nicht, dass ebenso Bluthochdruck neben seiner Gefahr für Herz und Gefäße bis hin zu Herzinfarkt und Herzschwäche auch mit einer erhöhten Krebssterblichkeit in Verbindung gebracht wird“, so Baldus. Die Einstellung des Blutdrucks und der Blutfettwerte (Cholesterin) nimmt folglich in der Krebsbehandlung eine wichtige Rolle ein. Studien bei Brustkrebspatientinnen mit erhöhten Blutfettwerten konnten zeigen, dass sich die Pumpkraft des Herzens unter der Krebstherapie weniger häufig verschlechtert, wenn die Patientinnen vor und während der Krebstherapie ein Statin erhalten. Analog sollte ein zu hoher Blutzuckerspiegel den Leitlinien gerecht mit blutzuckersenkenden Medikamenten behandelt werden, weil zu viel Zucker im Blut dem Herzen schadet.

Schädigende Nebeneffekte der Krebstherapie für Herz und Gefäße minimieren

Sowohl die radioaktive Bestrahlung als auch die gegen Krebs gerichteten Medikamente können das Herz schädigen, Mediziner sprechen von der Kardiotoxizität. Während der Therapie können dann z. B. akut Herzrhythmusstörungen oder erhöhte Blutdruckwerte auftreten; nach einer Strahlenbehandlung kann es zur Verengung von Herzkranzgefäßen (KHK) kommen. „Die häufigste und schwerwiegendste Folge der medikamentösen Tumortherapie auf das Herz aber ist eine Herzschwäche, die vorübergehen, aber auch dauerhaft bestehen bleiben kann. Eine sich im Verlauf oder nach einer Krebstherapie entwickelnde Herzschwäche gilt es deshalb frühzeitig zu erkennen und zu behandeln“, unterstreicht Baldus.

Originalpublikation

Deutsche Herzstiftung (Hg.), HERZ heute, Die Balance halten: Krebspatienten vor Herzschäden schützen (Ausg. 1/2021), Frankfurt a. M, 2021.

Quelle: IDW online