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Definition, Konzept und Wirkung
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Der Begriff Psychotherapie kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Behandlung der Seele“. Die Anfänge der heutigen Psychotherapie finden sich im 19. Jahrhundert. Als einer der wichtigsten theoretischen Begründer gilt der Wiener Nervenarzt Sigmund Freud (1856-1939, s. u.). Mittlerweile hat sich eine Vielzahl unterschiedlichster Methoden entwickelt. Ihnen gemeinsam ist, dass sie psychische oder psychosomatische Krankheiten mit speziellen psychotherapeutischen Techniken (Fragetechniken, freie Assoziation, Rollenspiel, diagnostische Tests etc.) erkennen, analysieren

und zielgerichtet Veränderungen im Erleben und Verhalten des Patienten ermöglichen. Grundlage des Behandlungserfolges ist dabei die vertrauensvolle Beziehung zwischen dem Patienten und dem psychotherapeutisch Arbeitenden.

Viele psychotherapeutische Verfahren sind auch schulmedizinisch anerkannt und wissenschaftlich belegt. Für andere Methoden stehen Studien noch aus. Im Einzelfall fragen Sie bitte dazu Ihren behandelnden Heilpraktiker.

Psychotherapeutische Verfahren
Unter dem Begriff „Psychotherapie“ wird heute eine Vielzahl unterschiedlicher Behandlungsverfahren zusammengefasst. So unterschiedlich wie die einzelnen Behandlungsmethoden sind auch die ihnen zugeordneten Anwendungsgebiete (s. u.). Eine psychotherapeutische Beratung oder Behandlung kann bei einigen schweren psychischen Erkrankungen nicht ausreichend sein - sprechen Sie deshalb immer ausführlich und vertrauensvoll mit Ihrem Heilpraktiker, psychologischen Psychotherapeuten oder Arzt, er wird Sie weiter unterstützen.
Zu den psychotherapeutischen Verfahren zählen beispielsweise:

Tiefenpsychologische Therapien

Der Begriff „Tiefenpsychologie“ stammt von dem Wiener Nervenarzt Sigmund Freud. Auf der Basis seiner Arbeit haben sich bis heute mehrere Verfahren entwickelt, die unter dem Begriff „Tiefenpsychologische Therapien“ zusammengefasst werden. Dazu zählen z. B.

Psychoanalyse

Das von Sigmund Freund entwickelte, sehr umfassende Konzept zur Persönlichkeitstheorie und zur Entstehung neurotischen (= durch einen Konflikt entstandenen, leicht seelisch gestörten) Erlebens und Verhaltens. In der Psychoanalyse spielt das Unbewusste eine wesentliche Rolle. Die Therapie ist oft ein langer (manchmal jahrelanger), emotional intensiver Prozess, bei dem das Aufdecken verdrängter Bedürfnisse und Erlebnisse im Vordergrund steht.

Kurzzeit-Psychotherapie (Fokaltherapie)

Ähnlich wie die Psychoanalyse, aber auf die Bearbeitung eines besonders wichtigen Hauptkonflikts beschränkt und i. d. R. auf 10 - 25 Sitzungen beschränkt.

Analytische Psychotherapie nach C. G. Jung

Von Carl Gustav Jung (1875-1961), einem Schüler Freuds, entwickelte Methode, in deren Mittelpunkt freie Assoziationen und Trauminhalte stehen. Die Bilder und Symbole werden aufgearbeitet und sollen so dem Patienten helfen, sich selbst besser zu verstehen. Die Therapie und der Erkenntnisprozess können mehrere Jahre dauern.

Katathym-imaginative Psychotherapie

Unter der Bezeichnung „Katathymes Bilderleben“ (griech. kata = durch, thymos = Gemüt) von Hanscarl Leuner (1918-1996) Mitte des 20. Jahrhundert entwickeltes Verfahren, dass mit Hilfe tagtraumähnlicher innerer Bilder (Imaginationen) Erkenntnisse zu unbewussten seelischen Zuständen gewinnt.

Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass (problematisches, krankmachendes) Verhalten erlernt wurde und durch neue (bessere, gesündere) Verhaltensmuster ersetzt werden kann. Die Verhaltenstherapie strebt keine grundlegende Veränderung der Persönlichkeit an, sondern eine ziel- und lösungsorientierte Veränderung des Verhaltens. Dazu setzt sie verschiedene Techniken ein, so z. B. die Reizüberflutung, Rollenspiele, kognitive (die Erkenntnis betreffende) Verfahren etc.

Systemische Therapie

Als systemische Therapie (auch systemische Familientherapie) wird eine psychotherapeutische Fachrichtung beschrieben, die den Menschen als Teil eines ihn umgebenden „Systems“ betrachtet. Dieses System kann z. B. die Familie sein, der Freundeskreis, die Arbeitskollegen etc. Das Verhalten der einzelnen Mitglieder bestimmt das Beziehungsgefüge des ganzen Systems. Daher richtet die systemische Therapie ihr Augenmerk vor allem auf das, was sich zwischen den einzelnen Systemmitgliedern abspielt und wie diese miteinander umgehen. Die Zusammenhänge und zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb des Systems werden analysiert und als Grundlage für die Diagnose und Therapie von seelischen Beschwerden und Konflikten herangezogen. Die systemische Therapie arbeitet u. a. mit verschiedenen Methoden der Fragestellung, mit Visualisierungstechniken, Neu- und Umdeutungen von Sichtweisen, Situationen, Zusammenhängen u. v. m.

Lösungsfokussierte Therapie

Die lösungsfokussierte oder lösungsorientierte Therapie gehört zu den Gesprächstherapien. „Lösungsfokussiert“ bedeutet, dass die Lösung eines Problems (nicht die Ursache seiner Entstehung) dabei im Mittelpunkt steht. Im Gespräch werden persönliche Wünsche, Stärken und Ziele herausgearbeitet. Der Blick richtet sich auf ein positives Erleben, das Erkennen von Zusammenhängen (z. B. wann und warum gibt es Ausnahmen von bestimmten Situationen?), auf Möglichkeiten einer schrittweisen Neuorientierung und deren praktische Umsetzung.

Humanistische Therapieverfahren

Die humanistische Psychologie geht davon aus, dass jeder Mensch grundsätzlich „gut“ ist. Sind seine grundlegenden Bedürfnisse z. B. nach Nahrung, Angstfreiheit, Beachtung, Berührung befriedigt, entwickeln sich Liebe, Selbstwert, Solidarität u. s. w. „von selbst“. Negative Gefühle wie Hass, Neid oder Wut werden als Symptome einer gestörten Persönlichkeitsentwicklung gesehen. Deshalb widmen sich die Methoden der humanistischen Psychologie vor allem der Entwicklung der Persönlichkeit.

Gesprächspsychotherapie nach Rogers

Von C. R. Rogers (1902-1984) Anfang der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts als „klientzentrierte Gesprächspsychotherapie“ entwickeltes Verfahren, das davon ausgeht, dass jeder Mensch selbst weiß, was für ihn gut ist. Ziel der Gesprächspsychotherapie ist es, dem Patienten Einsicht in seine Probleme zu ermöglichen, eigenständig Lösungen dafür zu entwickeln und so wieder mit sich in Einklang zu kommen.

Gestalttherapie nach Perls

F. S. Perls (1893-1970) Methodik versucht, Störungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen bewusst zu machen und mit Hilfe von Wahrnehmungs- und Körperübungen, Traumarbeit, Rollenspielen und Gesprächen positiv zu beeinflussen.

Psychodrama nach Moreno

Von J. L. Moreno (1889-1974) begründete Theorie, die den Menschen als Teil eines sozialen Netzes sieht, in dem er verschiedene Rollen spielt. In der Therapie werden diese verschiedenen Rollen nachgespielt.

Bioenergetik nach Lowen

Eine therapeutische Körperarbeit aus Berührungen, Massagen, Atemtechnik u. a., die bestimmte Gefühle freisetzen und den Energiefluss fördern soll.

Energetische Psychologie

Hierbei handelt es sich um einen Zweig der Psychologie, der sich mit der Wirkung von Energiesystemen auf Verhalten und Emotionen befasst. Psychische Probleme werden demnach als Energieunterbrechung oder Energiestörung verstanden. Diese können präzise mit verschiedensten Techniken u.a. durch Klopfpunkte gelöst werden. Die Wurzeln der energetischen Psychologie stammen aus der Akupunktur, der Homöopathie, angewandter Kinesiologie und Quantenmechanik.

Logotherapie und Existenzanalyse nach Frankl

Humor, autonomes (unabhängiges) Handeln und Güte des Herzens werden als die drei wichtigsten Bedingungen angesehen, um seelische Konflikte zu bewältigen. In der Therapie lernt der Patient diese Kräfte zu aktivieren und so seine Seele zu heilen.

Transaktionsanalyse nach Berne

In menschlichen Transaktionen (wechselseitigen Beziehungen) erkennt Berne rollentypische Festlegungen des einzelnen Menschen, sein persönliches „Drehbuch“, geprägt von Verletzungen und Kränkungen der Kindheit. Die Transaktionsanalyse versucht, diese zu erkenne und durch neues, „gesünderes“ Rollenverhalten zu ersetzen.

Paar-, Gruppen- und Familientherapie

Die Bearbeitung seelischer Probleme je nach Ausrichtung in Einzelgesprächen, Gruppensitzungen, für Paare oder Familien.

Soziotherapie

Die Soziotherapie beschäftigt sich mit der psychischen Erkrankung als sozialem Problem. Sie fördert die Sozial- und Kommunikationsfähigkeit, den Antrieb, Ausdauer, Selbstvertrauen, die Bereitschaft, Eigenverantwortung zu übernehmen und hat die Alltagsbewältigung und Wiedereingliederung des Patienten in die Gesellschaft zum Ziel.

Hypnose und Entspannungsverfahren

Hypnose und Entspannungsverfahren gehören zu den ältesten psychotherapeutischen Verfahren und werden auch begleitend zu anderen psychotherapeutischen Verfahren eingesetzt. Als Beispiele können hier genannt werden:

Autogenes Training
Von dem Berliner Nervenarzt Johannes Heinrich Schultz (1884-1970) entwickeltes Verfahren, das Konzentration und Entspannung miteinander verbindet. Mit Hilfe speziell erlernter Übungen versucht der Patient – zunächst unter Anleitung, später eigenständig - seine Wahrnehmung selbst zu beeinflussen. Das Training dient u. a. der Entspannung, Steigerung der Konzentration und Leistungsfähigkeit und kann einen positiven Einfluss haben bei Schlafstörungen, Schmerzen, Ängsten etc.

Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
Nach dem Begründer, dem Amerikaner E. Jacobson (1888-1983), benanntes Verfahren zur Selbstentspannung, bei dem bestimmte Muskelgruppen nacheinander fest angespannt und danach bewusst entspannt werden.

Hypnose
Durch Suggestion (der Vorstellung bestimmter Bilder, Situationen oder Gefühle) und Fixation (Konzentration auf einen Gegenstand, z. B. ein Pendel, während der Therapeut monotone Anweisungen gibt, z. B. „Ihre Augenlider werden schwer“) wird eine leichte bis starke Trance erzeugt. In der Trance, einem Zustand tiefer Entspannung zwischen wach sein und schlafen, ist das Bewusstsein eingeengt und die Aufmerksamkeit für äußere Reize verändert. So findet der Therapeut Zugang zum Unterbewussten des Patienten und kann dort heilsame Sätze verankern oder krankmachende Verhaltensmuster durch gesundere ersetzen.

Anwendungsbeispiele (alphabetisch)

Psychotherapie wird vor allem bei psychischen und psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt. Ein psychotherapeutisch arbeitender Heilpraktiker bietet auch Hilfe in Bereichen wie

  • Abhängigkeit, z. B. zur Überwindung von Süchten wie beispielsweise der Raucherentwöhnung
  • Ängsten, z. B. Flugangst, Prüfungsangst, Bindungsangst
  • Coaching als Beratung in beruflichen oder privaten Entwicklungsprozessen bzw. Begleitung zur Entscheidungsfindung bei wichtigen Weichenstellungen im Leben
  • Essstörungen, z. B. bei Unter- und Übergewicht, Bulimie (Ess-Brechsucht), Binge-Eating (periodische „Fress“-Anfälle), Overeating („Überfressen“), Anorexie (Magersucht)
  • Lebenskrisen, z. B. Begleitung bei Problemen in der Partnerschaft oder am Arbeitsplatz
  • Leistungssteigerung, z. B. durch Motivationstraining und Förderung des Selbstwertgefühls
  • Neurosen, z. B. Psychotherapie bei Minderwertigkeitsgefühlen, Kontaktstörungen, hemmenden oder störenden Verhaltensmustern
  • Psychosomatischen Erkrankungen (durch seelisches Ungleichgewicht ausgelöste körperliche Erkrankungen) wie z. B. Asthma, Bluthochdruck, Magenschleimhautentzündung, Migräne, Neurodermitis
  • Trauerbewältigung, z. B. Begleitung in Trauerprozessen nach Tod oder Trennung
  • Traumabewältigung, z. B. Aufarbeitung seelischer Verletzungen, nach Unfällen oder Gewalterfahrung
  • Sexualstörungen, z. B. bei Problemen im sexuellen Erleben und Handeln
  • Somatopsychischen Problemen (durch körperliche Erkrankungen ausgelöstes seelisches Leid), wenn z. B. die Folgen einer Brustamputation die Patientin im Eheleben belasten oder eine chronische Erkrankung dem Patienten Mut und Lebensfreude nimmt.
Gegenanzeigen/Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Risiken

Die einzelnen Verfahren der Psychotherapie sind sehr unterschiedlich und die Auswahl eines geeigneten Verfahrens gehört – in Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Problematik oder der seelischen Erkrankung – in die Hände eines Facharztes, entsprechend ausgebildeten Heilpraktikers oder psychologischen Psychotherapeutens.

Eine generelle Aussage dazu kann an dieser Stelle nicht gemacht werden. Wenn Sie psychologische Hilfe in Anspruch nehmen möchten, wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an Ihren Heilpraktiker oder Arzt, der Sie gerne berät und Ihnen entsprechend weiterhilft.

Kosten
Da die Kosten sehr stark variieren kann dazu an dieser Stelle leider keine Aussage gemacht werden. Ihr Heilpraktiker berät Sie aber gerne persönlich schon im Vorfeld über den mögliche Umfang, die Dauer der einzelnen Sitzungen, die ungefähre Behandlungsdauer und zu erwartende Kosten.

Abrechnung
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Autoren, Redaktion und Beratung
Autorin: Kirsten Buschmann, Heilpraktikerin
Redaktion: Elvira Bierbach, Heilpraktikerin; Ulrich Sümper, Heilpraktiker

Beratung durch
Kirsten Buschmann, Heilpraktikerin
Praxis für therapeutische Stressbewältigung
Sperlingstr. 13
33607 Bielefeld
info@kirstenbuschmann.de
www.kirstenbuschmann.de

Weiterführende Literatur

  • Kriz, J.: Grundkonzepte der Psychotherapie. 7. Aufl., Beltz Psychologie Verlagsunion, Weinheim 2014
  • Senf, W.; Broda, M.; Wilms, B.: Praxis der Psychotherapie. 6. Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart 2020

Adressen

von diversen Dach-, Fach- und Berufsverbänden unter:

Diese Gesundheitsinformation wurde am 15.08.2022 erstellt und wird regelmäßig aktualisiert.