Mukoviszidose & COPD: Zäher Schleim programmiert Immunzellen um und fördert Entzündungen der Atemwege

29.11.2021 - Forscher*innen haben herausgefunden, wie die Verstopfung der Atemwege mit zähem Schleim Entzündungsreaktionen fördert, die bei Mukoviszidose und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zum Krankheitsbild gehören. Das Forschungsteam zeigte an Mäusen, dass Schleim in den Atemwegen bestimmte Zellen des Immunsystems – sogenannte Makrophagen – umprogrammiert und damit ihre Funktionen stört, so dass sie entzündungsfördernde Eigenschaften entwickeln.

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Lungenerkrankungen wie Mukoviszidose und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) gehen mit einer starken Verschleimung und chronischen Entzündung der Atemwege einher. Normalerweise sind Entzündungsreaktionen ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses. Bei Patient*innen mit Mukoviszidose und COPD treten jedoch anhaltende Entzündungen auf, die Infektionen verstärken und zu einer fortschreitenden Zerstörung des Lungengewebes führen. Forscher*innen konnten sich die Ursache der chronischen Atemwegsentzündungen bisher nicht erklären. Selbst junge Kinder mit Mukoviszidose, bei denen keine Infektion der Lunge mit Krankheitserregern nachgewiesen werden kann, haben bereits chronisch entzündete Atemwege. Die Forschenden haben sich daher gefragt, wie diese chronischen Entzündungen ausgelöst werden und sie hatten den Schleim selbst in Verdacht.

Zäher Schleim verändert Eigenschaften von Atemwegsmakrophagen

Die Forscher testeten, inwieweit die Verstopfung der Atemwege mit zähem Schleim bestimmte Immunzellen – die Makrophagen – verändert. Makrophagen beseitigen zum Beispiel Bakterien, Viren oder abgestorbene Zellen und wirken damit eigentlich Entzündungen entgegen. Überraschenderweise beobachteten die Forscher aber, dass Makrophagen aus den Atemwegen kranker Mäuse mit stark verschleimten Atemwegen entzündungsfördernde Eigenschaften besitzen.

Die kranken Mäuse waren genetisch so verändert worden, dass sie vermehrt Schleim produzieren. Sie dienen damit als Tiermodell für die Erforschung von Mukoviszidose und COPD beim Menschen. Die Makrophagen aus den Lungen dieser Mäuse erfüllten ihre Funktion als Fresszellen nicht mehr, stattdessen produzierten sie entzündungsfördernde Botenstoffe. Diese Ergebnisse wurden durch weitere Experimente bestätigt, bei denen Makrophagen gesunder Mäuse mit Schleim behandelt wurden. In Folge des Kontakts zeigten die Atemwegsmakrophagen die gleichen Veränderungen wie die aus den Lungen der genetisch veränderten Mäuse.

Epigenetische Veränderungen programmieren Atemwegsmakrophagen um

Um zu erklären, warum Atemwegsmakrophagen, die in Kontakt mit zähem Schleim gekommen sind, andere Eigenschaften aufweisen, als Makrophagen aus gesunden Atemwegen, schauten sich die Forscher*innen das Erbgut der Immunzellen genau an. Dabei legten sie besonderes Augenmerk auf die Struktur der DNA im Zellkern. Sie konnten zeigen, dass bestimmte Abschnitte der Makrophagen-DNA so verändert waren, dass Gene für entzündungsfördernde Botenstoffe vermehrt abgelesen werden. Bei den Veränderungen der DNA handelte es sich nicht um Veränderungen in der DNA-Sequenz, sondern um sogenannte epigenetische Veränderungen, die die Struktur der DNA beeinflussen. Die beobachteten Veränderungen an der Makrophagen-DNA bewirkten eine Lockerung der DNA-Struktur.

Atemwegsmakrophagen als Angriffspunkt für neue Therapien

Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass die starke Verschleimung der Atemwege durch eine Umprogrammierung von Atemwegsmakrophagen zur chronischen Entzündung der Atemwege beiträgt und die Symptome von Patientinnen und Patienten mit Mukoviszidose und COPD verschlimmert. Dies unterstreicht die Bedeutung schleimlösender Therapien zur Behandlung beider Lungenerkrankungen. Zukünftig könnten die veränderten Atemwegsmakrophagen auch als Angriffspunkt für die Entwicklung neuer Therapien für Mukoviszidose und COPD dienen, sind die Forsher optimistisch.

Originalpublikation

Joschka Hey, Michelle Paulsen, Reka Toth, Dieter Weichenhan, Simone Butz, Jolanthe Schatterny, Reinhard Liebers, Pavlo Lutsik, Christoph Plass & Marcus A. Mall. Epigenetic reprogramming of airway macrophages promotes polarization and inflammation in muco-obstructive lung disease. Nature Communications, 2021, DOI: 10.1038/s41467-021-26777-9

Quelle: Pressemitteilung des Translational Lung Research Center Heidelberg (TLRC), Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung e.V.