Pflanzenstoff aus Wein beeinflusst Säuresekretion über Bitterrezeptor

22.11.2021 - Gallussäure ist ein sekundärer Pflanzeninhaltsstoff, der in Wein oder grünem Tee enthalten ist. Ein Wissenschaftlerteam hat jetzt Hinweise darauf gefunden, dass Gallussäure die Magensäurefreisetzung beeinflusst, indem es einen Bitterrezeptor aktiviert. Die Studienergebnisse geben einen neuen Einblick in die noch unbekannten Funktionen von Bitterrezeptoren im Zusammenspiel mit geschmacksaktiven Lebensmittelinhaltsstoffen.

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Seit langem erforscht das Team die physiologische Wirkung von geschmacksaktiven Substanzen, die natürlicherweise in Lebensmitteln enthalten sind. Zu diesen gehört auch Gallussäure, die beispielsweise Weiß- oder Rotwein einen adstringierenden Geschmack verleiht, das heißt, auf der Zunge und im Mund ein leicht raues, trockenes Gefühl erzeugt. Obwohl umstritten, lassen einige Studien annehmen, dass Gallussäure zudem auch bitter schmeckt.

Gallussäure für Forschung interessant

Dies macht Gallussäure für die Forschung interessant. Denn immer mehr wissenschaftliche Arbeiten belegen, dass Bitterstoffe und deren Rezeptoren nicht nur für die Geschmackswahrnehmung wichtig sind. Bitterrezeptoren finden sich zwar auf der Zunge. Aber auch andere Organe wie der Magen, das Herz oder die Lunge verfügen über diese Geschmacksrezeptoren. Welche physiologischen Funktionen sie dort erfüllen, sei jedoch noch nicht hinreichend erforscht, so die Wissenschaftler*innen weiter. Die aktuelle Studie trägt nun dazu bei, ein weiteres Puzzleteil zum funktionellen Gesamtbild der Bitterstoffe und ihrer Rezeptoren hinzuzufügen.

Wie das Team zunächst im Rahmen von Sensoriktests feststellte, schmeckt in Wasser gelöste Gallussäure bitterer als Leitungswasser und dies bereits ab einer sehr geringen Dosis (10 Mikromolar; 1,7 mg/L). Ebenso beobachtete das Team, dass der Bittergeschmack konzentrationsabhängig ist und sich mit steigender Dosis (bis 1.000 Mikromolar) verstärkt.

Pflanzenstoff stimuliert Säuresekretion

Anschließend untersuchte das Forscherteam mithilfe eines zellulären Testsystems wie Gallussäure auf Magenzellen wirkt, die natürlicherweise über verschiedene Bitterrezeptortypen verfügen. Wie es beobachtete, stimulierte der Pflanzenstoff die Magenzellen zur Säuresekretion, egal ob die Forschenden ihn in Wasser oder in Rotwein gelöst zum Nährmedium hinzugegeben hatten.

Weitere umfangreiche molekularbiologische Untersuchungen des Teams lassen zudem annehmen, dass Gallussäure diese Wirkung über den Geschmacksrezeptor TAS2R4 entfaltet. Computergestützte Strukturanalysen des Rezeptors und virtuelle Dockingexperimente des Leibniz-Instituts unterstützen diese Annahme.

Bereits früheren Studien des Teams zur Wirkung von Koffein weisen darauf hin, dass der Bitterrezeptor TAS2R43 an der Regulation der Magensäuresekretion beteiligt ist. Nun sind die Forscher sicher, dass sie Belege für die Beteiligung eines weiteren Bitterrezeptors gefunden haben, der sich ebenso sowohl auf der Zunge als auch auf Magenzellen findet. Auch zukünftig will das Team die molekularen Zusammenhänge zwischen Bitterstoffen und Bitterrezeptoren ergründen, mit dem Ziel, die Bekömmlichkeit von Lebensmitteln zu verbessern.

Originalpublikation

Sterneder S, Stoeger V, Dugulin CA, Liszt KI, Di Pizio A, Korntheuer K, Dunkel A, Eder R, Ley JP, Somoza V (2021). Astringent gallic acid in red wine regulates mechanisms of gastric acid secretion via activation of bitter taste sensing receptor TAS2R4 .  J Agric Food Chem, 69(36):10550-10561, DOI: 10.1021/acs.jafc.1c03061.