So stehen Schweizer zu Komplementär- und Alternativmedizin

28.02.2022 – Was bewegt Menschen dazu, komplementär- und alternativmedizinische Behandlungen in Betracht zu ziehen? Welche Art von Beschwerden sind die häufigsten Beweggründe? Was trägt zur Wahl der Behandlungsmethode bei? Wie sucht man entsprechende Therapeutinnen und Therapeuten? Und wie zufrieden ist man mit den Ergebnissen? – Das wollte das Schweizer ErfahrungsMedizinische Register EMR aus erster Hand erfahren. Und liess die bisher grösste Schweizer Bevölkerungsumfrage dieser Art durchführen.

© Juefrateam - AdobeStock.com

Das ErfahrungsMedizinische Register EMR prüft seit der Gründung 1999 die Qualifikation von Therapeutinnen und Therapeuten der Komplementär- und Alternativmedizin (CAM) in der Schweiz und zeichnet sie mit dem EMR-Qualitätslabel aus. Dieses stellt für fast alle Versicherer die Grundvoraussetzung dar, um CAM-Behandlungen über die privaten Zusatzversicherungen zu vergüten. Damit leistet das EMR auch einen wichtigen Beitrag zum Patientenschutz und bietet Sicherheit und Orientierung in diesem Bereich des Gesundheitswesens.

Das EMR wurde so zum Brückenbauer zwischen Versicherern und CAM – und je länger je mehr auch zwischen CAM, Schulmedizin und Gesellschaft. Dieser Umstand veranlasste es dazu, vergangenes Jahr eine bevölkerungsrepräsentative Erhebung zu Verbreitung, Nutzung und Behandlungserfolg der CAM in der Schweiz in Auftrag zu geben, wie sie in der Größenordnung noch nicht durchgeführt worden war.

Ergebnisse zeigen rege Nutzung von KAM-Behandlungsmethoden

Laut Studie haben beinah zwei Drittel der Bevölkerung schon einmal Methoden der CAM genutzt. Und bei 47% der Befragten liegt das nicht mehr als drei Jahre zurück. Der Anteil aktuell Nutzender ist in der französischsprachigen Schweiz nur geringfügig größer als in der Deutschschweiz. Frauen nutzen CAM etwas häufiger (51%) als Männer (41%). Der Anteil aktuell Nutzender ist bei unter 55-Jährigen höher als bei älteren Personen, bei den 36- bis 45-Jährigen am höchsten (55%) und bei Rentnerinnen und Rentner nicht signifikant tiefer als im Jahrzehnt vor der Pensionierung (37%).

Beinah neun von zehn Befragten erachten Einsatz der CAM als sinnvoll

Eine zentrale Erkenntnis vorweg: Der Gang zu Therapeutinnen und Therapeuten der CAM ist nicht ein Weg am Arzt vorbei. 88% der Befragten sind der Ansicht, CAM könne als Ergänzung (63%) und, nur sofern angebracht und vernünftig, als Alternative zur Schulmedizin (25%) sinnvoll eingesetzt werden. Lediglich 4% sehen keine sinnvollen Einsatzmöglichkeiten (und 8% wissen es nicht). 58% der Befragten haben eine Zusatzversicherung, die auch Kosten für CAM-Behandlungsmethoden rückvergütet.

Wahl der Behandlungsmethode und Behandlungsfachkraft

Die Wahl der Methode ist für die Schweizer Bevölkerung eindeutig Vertrauenssache: In jedem dritten Fall (36%) trifft man sie auf Empfehlung aus dem persönlichen Umfeld, ähnlich oft auf ärztliche Empfehlung oder anderer Gesundheits-Fachpersonen (29%) und in ebenso vielen Fällen (32%) aufgrund der Erfahrungen aus früheren Behandlungen. Für entsprechende Behandlungen werden mehrheitlich (63%) Therapeutinnen und Therapeuten aufgesucht. Etwa jede fünfte Behandlung (21%) erfolgt bei Ärztinnen und Ärzten, die auch CAM-Methoden anbieten. In 17% der Fälle haben die Befragten Medikamente ohne Verordnung eingenommen oder sich selbst behandelt – aber auch diese «Selbstbehandler» lassen sich mehrheitlich von Gesundheits-Fachpersonal (Apotheke/Drogerie, Arzt/Ärztin, Therapeut/Therapeutin) beraten.

Bei knapp der Hälfte aller CAM-Behandlungen (48%) ließen sich die Befragten noch ergänzend behandeln: in 39% der Fälle schulmedizinisch, in nur 9% durch eine weitere CAM-Methode.

CAM-Behandlungen werden mehrheitlich als wirksam empfunden

Die Mehrheit der genutzten Behandlungen (84%) wurde von den Befragten als sehr erfolgreich bis genügend wirksam empfunden. Lediglich 3% stuften sie als gänzlich erfolglos ein. Fast 90% der Befragten würden bei gleicher Beschwerde die gleiche Methode sehr wahrscheinlich oder ganz sicher nochmals anwenden. Eine große Mehrheit sieht eine CAM-Behandlung nicht als einmalige therapeutische Methode, sondern will sie als gesundheitsfördernde Maßnahme weiter anwenden: regelmäßig bei 34% der Behandlungsmethoden und sporadisch bei 48%. Nur eine kleine Minderheit von 2% verzichtete auf eine Weiterbehandlung, weil sie eine Methode als ungeeignet empfand.

Bei 87% der Behandlungen nannten die Befragten zudem weitere positive Wirkungen wie etwa allgemein verbesserter Gesundheitszustand oder verändertes Alltagsverhalten – indem sie beispielsweise vermehrt auf Ausgleich und Entspannung achteten, bewusster mit sich selbst und ihrer Gesundheit umgingen, sich mehr bewegten, besser mit ihren Beschwerden umzugehen lernten oder sich gesünder ernährten. Insgesamt 91 Beschwerden wurden genannt, die mit CAM behandelt wurden: am häufigsten Nacken- oder Rückenschmerzen, allgemeine Muskelschmerzen oder -krämpfe und Gelenkschmerzen. Ähnlich vielfältig verhält es sich, mit 74 verschiedenen Nennungen, auch bei den Methoden.

Fazit

Bedeutende Ergebnisse für viele – auch für Medienschaffende
Von diesen Umfrageergebnissen können Menschen, die eine KAM-Behandlung in Betracht ziehen, profitieren, aber auch Versicherer, entsprechende Berufsverbände, Bildungsanbieter sowie Therapeutinnen und Therapeuten. Und auch Medienschaffende, wenn man bedenkt, dass bei jeder fünften Behandlung (20%) die Patientinnen und Patienten aufgrund von insbesondere im Internet gefundenen Medienberichten oder Inseraten auf eine CAM-Methode stießen.

Hier geht es zur Studie.