Süddeutsche leben länger

14.11.2022 – Innerhalb Deutschlands hat der Süden die höchste Lebenserwartung. Forscher am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) snd der Frage nachgegangen, inwieweit dies durch regionale Unterschiede im Rauchverhalten bedingt ist - schließlich ist in Süddeutschland der Anteil rauchender Personen geringer als in anderen Landesteilen.

Mann lehnt das Angebot einer Zigarette ab
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Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich das Süd-Nord-Gefälle in der Lebenserwartung zu einem erheblichen Teil durch regional unterschiedliche Rauchgewohnheiten erklärt.

Die Analysen basieren auf den offiziellen Mortalitätsdaten der deutschen Bundesländer für den Zeitraum von 1980 bis 2019. Die dem Rauchen zurechenbare Sterblichkeit wird anhand der Preston-Glei-Wilmoth (PGW)-Methode geschätzt, die international weit verbreitet ist. Sie beruht auf der Sterblichkeit durch Lungenkrebs als Merkmal für das frühere Rauchverhalten. Im Einzelnen schätzt die PGW-Methode den statistischen Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und anderen Todesursachen, um die überschüssige Zahl der Todesfälle zu ermitteln, die auf das Rauchen zurückzuführen sind.

Fünf Regionen

Für die Studie wurde Deutschland in fünf Regionen geteilt. Für Gesamtdeutschland ermittelte die Studie, dass die Lebenserwartung der Männer ohne rauchbedingte Sterblichkeit um etwa 1,4 Jahre höher wäre. In Süddeutschland (Bayern und Baden-Württemberg) ist der Verlust mit einem Jahr aber fast um die Hälfte geringer als in Nordrhein-Westfalen, wo er mit 1,7 Jahren am höchsten ist. Die Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Ost- und Westdeutschland erklären sich dagegen nur zu einem kleineren Teil aus Unterschieden im Rauchverhalten. Hier spielen weitere Faktoren eine wichtige Rolle, die sich unter anderem aus dem schwierigen Transformationsprozess mit hoher Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung erklären, so die Autoren*innen.

Bei den Frauen ähneln die regionalen Muster denen der Männer, wobei die Lebenserwartung der Frauen aktuell etwas weniger von den negativen Folgen des Rauchens reduziert wird. Ohne die rauchbedingte Sterblichkeit läge die Lebenserwartung in Deutschland insgesamt um 0,9 Jahre höher, mit regionalen Schwankungen zwischen 0,6 und 1,3 Jahren.

Rauchen und sozioökonomische Bedingungen stehen im Zusammenhang

Die Ergebnisse mögen auf den ersten Blick überraschen, da häufig sozioökonomische Unterschiede zwischen den Regionen als Erklärung für regionale Unterschiede in der Lebenserwartung herangezogen werden. Diese Erklärungen würden sich aber nicht ausschließen, so die Forschenden. Das Rauchen konzentriere sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend in sozial benachteiligten Bevölkerungsteilen. Dabei weisen wirtschaftlich schwächere Regionen tendenziell höhere Anteile an Rauchenden auf. Hinsichtlich zukünftiger Tendenzen sei es wichtig zu betonen, dass sich die negativen Auswirkungen bei den Männern bereits rückläufig entwickeln, während sie bei den Frauen noch weiter ansteigen. Für die Zukunft bereite Sorge, dass es nach 1990 gerade in Ostdeutschland und dort besonders unter Frauen zu einem Anstieg der Rauchenden gekommen sei.

Originalpublikation

Grigoriev, Pavel; Sebastian, Klüsener; Alyson van Raalte (2022): Quantifying the contribution of smoking to regional mortality disparities in Germany: a cross-sectional study. BMJ Open: e064249.

Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung