Verhaltenstherapie ruft Veränderungen im Gehirn hervor

22.09.2025 - Psychotherapie führt zu messbaren Veränderungen der Hirnstruktur. Das haben Forschende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität Münster erstmals in einer Studie am Beispiel der kognitiven Verhaltenstherapie nachgewiesen. Sie haben Menschen mit akuten Depressionen vor und nach den Behandlungen untersucht.

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Für die Studie untersuchte das Team die Gehirne von 30 Patient*innen mit einer akuten Depression. Die meisten davon zeigten nach der Therapie Veränderungen in Bereichen, die für die Verarbeitung von Emotionen zuständig sind. Die beobachteten Effekte ähneln denen, die bereits aus Studien zu Medikamenten bekannt sind.

Weltweit sind rund 280 Millionen Menschen von einer schweren Depression betroffen. Dabei kommt es zu Veränderungen der Hirnmasse des vorderen Hippocampus und der Amygdala – beide Areale sind Teil des limbischen Systems und vorwiegend für die Verarbeitung und Kontrolle von Emotionen verantwortlich. Eine in der Psychotherapie etablierte Behandlungsmethode ist die kognitive Verhaltenstherapie.

Die kognitive Verhaltenstherapie bewirkt eine positive Veränderung der Denkmuster, Emotionen und Verhaltensweisen. Die Forschenden gingen davon aus, dass dieser Prozess auch mit funktionellen und strukturellen Veränderungen im Gehirn verbunden ist. Für Therapien mit Medikamenten oder Elektrostimulationen sei dieser Effekt bereits nachgewiesen, für die Psychotherapie allgemein bislang jedoch nicht valide.

Nachweis der Gehirnveränderung gelungen

Dieser Nachweis ist den Forschenden der MLU und der Universität Münster nun gelungen. Die Gehirne der Betroffenen wurden vor und nach 20 Sitzungen einer Verhaltenstherapie mit der strukturellen Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht, die Informationen über Form, Größe und Lage von Gewebe liefert. Zusätzlich zu den MRT-Aufnahmen wurden klinische Interviews geführt, um die Symptome der Erkrankung, etwa Schwierigkeiten beim Identifizieren und Beschreiben von Gefühlen, zu analysieren. Außerdem nahmen zu Vergleichszwecken 30 gesunde Kontrollpersonen an der Studie teil, die keine Therapie durchliefen.

Zuwachs grauer Hirnmasse

Die Ergebnisse der Studie sind deutlich: 19 von 30 Patient*innen hatten nach der Therapie kaum noch eine akute depressive Symptomatik. Erstmals haben die Forschenden auch konkrete anatomische Veränderungen dokumentiert. Sie konnten eine deutliche Zunahme des Volumens grauer Hirnmasse in der linken Amygdala und im vorderen rechten Hippocampus feststellen. Die Forschenden sehen hier einen klaren Zusammenhang mit den Symptomen: Personen mit höherem Zuwachs grauer Hirnmasse in der Amygdala zeigten auch einen stärkeren Rückgang ihrer Gefühlsstörungen.

Dass die kognitive Verhaltenstherapie wirkt, sei bereits bekannt, so die Forschenden. Jetzt hätten sie erstmals einen validen Biomarker für den Effekt von Psychotherapie auf die Hirnstruktur. Sie betonen, dass es keine grundsätzlich bessere oder schlechtere Therapie gibt – bei manchen Menschen schlagen Medikamente besser an, bei anderen funktionieren Elektrostimulationen sehr gut, dritten wiederum hilft Psychotherapie am besten. Umso erfreulicher sei es, dass sie durch die Studie zeigen konnten, dass Psychotherapie auch aus medizinisch-naturwissenschaftlicher Sicht eine gleichwertige Alternative ist.

Originalpublikation

Zwiky E et al. Limbic gray matter increases in response to cognitive behavioural therapy in major depressive disordner. Transl Psychiatry. 2025 Aug 27; 15(1): 301. doi: 10.1038/s41398-025-03545-7

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg