Wechselwirkung zwischen Faszien im Schulterbereich und Depression

14.02.2022 – Zwei neue Studien mit insgesamt 149 Probanden legen nahe, dass es Wechselwirkungen zwischen depressiven Störungen und dem muskulären Bindegewebe, den Faszien, im Nacken-Schulter-Bereich gibt.

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In den letzten Jahren mehren sich die wissenschaftlichen Befunde, die einen engen Zusammenhang von Körper und Psyche belegen. Zwei neue Studien liefern in diesem Kontext neue Erkenntnisse. In einer ersten Studie haben Wissenschaftler*innen sich dafür interessiert, ob die Eigenschaften des muskulären Bindegewebes der Schulter-Nackenpartie von depressiven Personen sich von denen gesunder Probanden unterscheiden. Die Ergebnisse zeigen, dass Depressive einen höheren Grad von Steifigkeit und weniger Elastizität im Schulter-Nacken-Bereich aufweisen als gesunde Vergleichsprobanden.

Die zweite Studie ging dann noch einen Schritt weiter und hat untersucht, ob eine kurze Übung auf der Ebene des Bindegewebes depressive Prozesse beeinflussen kann. Es gab zwei Versuchsgruppen von depressiven Patient*innen: Die erste Gruppe wurde angeleitet, ihre Schulter-Nackenpartie mit einer Schaumstoffrolle („Faszienrolle“) einige Minuten selbst durch Rollbewegungen zu massieren und so die Flexibilität des Bindegewebes zu erhöhen. In der zweiten Versuchsgruppe unter „Placebo-Bedingung“ führten die depressiven Patient*innen lediglich Auf- und Ab-Bewegungen im Schulter- und Nackenbereich durch, ohne den Nackenbereich wirklich zu massieren. In der Pause zwischen den einzelnen Übungsdurchgängen wurden beiden Gruppen je zehn positive Begriffe wie „schön“, „stolz“ oder „selbstbewusst“ und zehn negativ besetzte Begriffe wie „schlecht“, „hässlich“ oder „schwerfällig“ von einem Tonband vorgelesen.

Nach den Übungen wurden die Patienten befragt, an welche Begriffe sie sich erinnern. Die Wissenschaftler*innen nutzen hier einen in der Wissenschaft etablierten Test zum sogenannte Memory Bias, der die Depressionsanfälligkeit erfasst. Zusätzlich haben sie auch die Stimmung nach der Übung mit einem Fragebogen erfasst. Und es zeigte sich, dass in der Gruppe mit der Selbstmassage die Stimmung der Patient*innen besser war und sie weniger negative Worte erinnerten als in der Gruppe unter Placebo-Bedingung.

Die Wissenschaftler*innen schlussfolgern, dass ihre Ergebnisse Hinweise darauf liefern, dass Steifigkeit und geringe Elastizität des muskulären Bindegewebes möglicherweise mit dazu beitragen könnte, dass Depressive sich nicht so gut aus ihrem negativen Zustand lösen können. Sie haben allerdings nur die temporären Effekte einer kurzen Selbstmassage untersucht. Ob eine längerfristige Behandlung des muskulären Bindegewebes, in Kombination mit anderen Behandlungselementen, depressiven Personen dabei helfen könnte, ihre Depression besser zu überwinden, müsse in zukünftigen Forschungsarbeiten untersucht werden, so die Forschenden.

Originalpublikation

Michalak, J., Aranmolate, L., Bonn; A., Grandin, K., Schleip, R., Schmiedtke, J., Quassowsky, S., Teismann, T. (in press). Myofascial tissue and depression. Cognitive Therapy & Research. doi: 10.1007/s10608-021-10282-w,