WHO-Studie zeigt: Jeder vierte Jugendliche in Deutschland leidet unter psychosomatischen Beschwerden

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Die Studie „Health Behaviour in School-aged Children“‚ (HBSC) untersucht alle vier Jahre und in ca. 45 Ländern die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen zwischen elf bis 15 Jahren. Für den Befragungszeitraum 2017/2018 liegen nun erste Ergebnisse vor. Sie geben u.a. Einblicke in die Bereiche Ernährung, körperliche Aktivität, gesundheitliche Beschwerden sowie Konsumverhalten von Tabak, Cannabis oder Medien. Die für die WHO durchgeführte Studie in Deutschland wurde vom Institut für Medizinische Soziologie der Universitätsmedizin Halle (Saale) geleitet.

Die aktuellen Ergebnisse der HBSC-Studie Deutschland zeigen dabei unter anderem, dass ein erheblicher Teil der Schülerinnen (34 %) und Schüler (20 %) unter regelmäßig auftretenden psychosomatischen Beschwerden leidet. „Regelmäßig heißt, dass mindestens zwei Beschwerden pro Woche in dem halben Jahr vorm Befragungszeitpunkt aufgetreten sind“, sagt Professor Dr. Matthias Richter von der Universität Halle-Wittenberg, der den deutschen Studienverbund leitet. Fast jedes vierte Kind (23 %) habe ferner Einschlafprobleme angegeben; weitere Beschwerden sind Kopfschmerzen (14 %), Rückenschmerzen (13 %) und Bauchschmerzen (zehn %).
„Bei den Mädchen zeigt sich, dass die Beschwerden mit dem Alter deutlich zunehmen“, so Richter. Dies kann zum einen mit einer höheren Sensibilität von Mädchen für ihren eigenen Körper und zum anderen auch auf das Einsetzen der Menstruation zurückgeführt werden, die sich in häufigeren Bauch-/Rückenschmerzen und/oder Gereiztheit widerspiegelt. Während bei den Elfjährigen die Quote noch bei etwa einem Viertel der Mädchen liege (26 %), seien es bei den 15-Jährigen schon fast die Hälfte (42 %), die psychosomatische Beschwerden haben. Bei den Jungen ist diese Entwicklung hingegen nicht zu beobachten.

Weiterhin wurde in der Studie festgestellt, dass fast jeder vierte Junge (23 %) im Alter von 15 Jahren bereits mindestens einmal in seinem Leben Cannabis konsumiert hatte. Das sind damit deutlich mehr als bei den Mädchen in diesem Alter (16 %). Hinsichtlich der Bewegungsaktivität haben die Forschenden herausgefunden, dass nur 10 % der Mädchen und 17 % der Jungen in den vergangenen sieben Tagen vor der Befragung ausreichend körperlich aktiv waren. Zugrunde gelegt wird dabei die WHO-Empfehlung von mindestens 60 Minuten pro Tag. Außerdem sehen die Forscher deutlichen Verbesserungsbedarf bei der Mundhygiene der Kinder und Jugendlichen: „15 % der Mädchen und 25 % der Jungen gaben an, ihre Zähne nur einmal täglich oder seltener zu putzen“, so Richter.

Weitere Ergebnisse:

Alkohol und Tabak

International geht der Alkohol- und Tabakkonsum unter Jugendlichen zwar weiter zurück, doch der gegenwärtige Alkohol- und Tabakkonsum bei unter 15-Jährigen ist nach wie vor hoch. Alkohol ist weiterhin die am häufigsten konsumierte Substanz, insbesondere in Deutschland greifen Jugendliche im Vergleich häufiger dazu. Aktuell konsumiert über die Hälfte der 15-jährigen Mädchen und Jungen in Deutschland Alkohol; jedes vierte Mädchen und 29 Prozent der Jungen dieses Alters waren schon mindestens zwei Mal betrunken.

Ernährung

Etwa zwei Drittel der Jugendlichen in allen 45 Ländern verzehren nicht genügend nährstoffreiche Nahrungsmittel, und jeder vierte isst jeden Tag Süßigkeiten. Jeder Sechste konsumiert jeden Tag zuckerhaltige Getränke. Bei Heranwachsenden in Deutschland steht seltener als im internationalen Vergleich täglich Gemüse auf dem Speiseplan.

Übergewicht

Die Zahl der übergewichtigen bzw. adipösen Jugendlichen in der europäischen Region ist seit 2014 gestiegen: mittlerweile ist jeder fünfte Jugendliche betroffen, wobei die Zahlen bei Jungen und jüngeren Jugendlichen höher sind. Zudem nehmen sie sich im internationalen Vergleich auch häufiger als zu dick wahr – fast jedes zweite Mädchen und knapp jeder dritte Junge sind daher mit ihrem Körper häufiger unzufrieden.

Schulzufriedenheit

Dem Bericht zufolge werden Heranwachsende in etwa einem Drittel der Länder im Vergleich zu 2014 zunehmend durch Schularbeiten belastet und weniger junge Menschen gehen gerne zur Schule. In den meisten Ländern verschlechtern sich die schulischen Erfahrungen mit dem Alter: Die Schulzufriedenheit und die von den Jugendlichen wahrgenommene Unterstützung durch Lehrkräfte und Klassenkameraden sinkt mit der zunehmenden Belastung durch Schularbeiten. Jugendliche in Deutschland fühlen sich hingegen weniger durch die Aufgaben belastet und nehmen eine hohe Unterstützung in der Schule unter anderem durch ihre Mitschüler/innen wahr.

Gewalt

Jugendliche in Deutschland üben deutlich seltener Gewalt in Form von Schlägereien aus.

Riskantes Sexualverhalten

Das Sexualverhalten gibt nach wie vor Anlass zur Sorge: Jeder vierte sexuell aktive Jugendliche hat ungeschützten Geschlechtsverkehr. Jeder vierte Junge (24 %) und jedes siebte Mädchen (14 %) im Alter von 15 Jahren ist eigenen Angaben zufolge sexuell aktiv.

Weitere Informationen zur deutschen HBSC-Studie unter: www.hbsc-germany.de sowie international unter: www.hbsc.org.

Quellen

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Pädagogische Hochschule Heidelberg