Massagen: Stressabbau in nur zehn Minuten

© Trepalio - fotolia.com

Sich ein paar Minuten Auszeit zu gönnen, steigert die geistige und körperliche Entspannung erheblich. Psychologinnen und Psychologen der Universität Konstanz haben in einer aktuellen Studie beobachtet, dass bei Teilnehmenden nach nur zehn Minuten Massage ein deutlicher Entspannungseffekt sowohl auf mentaler als auch körperlicher Ebene eintritt. Selbst zehn Minuten einfachen Ruhens erhöhten die Entspannung, wenn auch in geringerem Maße als eine Massage. Die veröffentlichten Ergebnisse liefern erste Hinweise darauf, dass kurze Entspannungstechniken den Stress auf psychologischer und physiologischer Ebene effektiv reduzieren können, indem sie den „Entspannungsmotor“ des Körpers – das parasympathische Nervensystem (PNS) – anregen.

Stress ist für seine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit bekannt. Unser Körper verfügt jedoch von Natur aus über ein Regenerationssystem – das PNS –, um Stress in Zeiten von Belastung entgegenzuwirken. Das Herbeiführen einer Entspannungsreaktion ist somit ein Schlüssel zum Schutz unserer Gesundheit und zur Wiederherstellung des Gleichgewichts in unserem Körper. Massagen werden schon lange zur Entspannung genutzt, doch gab es bislang noch keinen systematischen Ansatz, der ihre Wirksamkeit auf das PNS nachweislich bestätigt und prüft, ob sie zur Behandlung von Patienten mit stressbedingten Erkrankungen eingesetzt werden könnten.

Den Entspannungsmotor des Körpers aktivieren

Die Konstanzer Studie legt nahe, dass Massagen eine einfach anzuwendende Technik sind, die den wichtigsten Entspannungsmotor des Körpers – das PNS – aktiviert und zugleich die psychische Belastung reduzieren kann. Die Erkenntnis, dass Massagen sowohl auf mentaler als auch körperlicher Ebene wirksam sind, eröffnet Möglichkeiten für zukünftige Studien zum Verständnis der Rolle von Entspannung hinsichtlich Stress.

„Um die negativen Auswirkungen von Stress besser in den Griff zu bekommen, müssen wir seinen Gegenspieler – die Entspannung – verstehen“, sagt Prof. Dr. Jens Prüssner, Professor für Neuropsychologie an der Universität Konstanz. „Entspannungstherapien scheinen eine vielversprechende ganzheitliche Methode zur Stressbehandlung zu sein, aber es bedarf einer systematischen wissenschaftlichen Begutachtung dieser Methoden“, so Prüssner weiter.

Standardisiertes Testverfahren

Die Forschende aus Konstanz entwickelten hierfür das erste standardisierte Testverfahren zur Untersuchung, inwieweit taktile Stimulation die mentale und körperliche Entspannung verbessern kann. Dazu haben sie zwei verschiedene zehn-minütige Massagen an Testpersonen im Labor untersucht: Erstens wurde eine Kopf- und Nacken-Massage konzipiert, die das PNS aktiv durch mäßigen Druck auf den Vagusnerv, den größten zum PNS verlaufenden Nerv, stimuliert. Zweitens wurde eine Nacken-Schulter-Massage mit sanften Streichbewegungen eingesetzt, um zu untersuchen, ob auch einfache Berührung entspannungsfördernd sein kann. Schließlich wurde anhand einer Kontrollgruppe, deren Teilnehmende lediglich ruhig an einem Tisch saßen, getestet, welchen Effekt Ruhe ohne taktile Stimulation hat.

Die physiologische Entspannung wurde über die Herzfrequenz sowie die Herzfrequenzvariabilität (heart rate variability, HRV) gemessen, welche widerspiegelt, wie flexibel sich das PNS an äußere Einflüsse anpassen kann. Je höher die HRV, desto effektiver fällt die Entspannungsreaktion des Körpers aus. Die psychologische Entspannung wurde anhand der Befragung der Teilnehmenden, wie gestresst oder entspannt sie sich fühlen, gemessen.

Zehn Minuten Ruhe sowie beide Arten der Massage führten zu einer psychologischen und physiologischen Stressreduktion. Alle Teilnehmer berichteten, dass sie sich nach der Behandlung entspannter und weniger gestresst fühlten als davor. Darüber hinaus wurde bei allen Teilnehmenden ein signifikanter Anstieg der Herzfrequenzvariabilität gemessen, ein Zeichen dafür, dass das PNS aktiviert war und der Körper sich – allein durch das Ausruhen – physiologisch entspannt hatte. Die physiologische Wirkung war ausgeprägter, wenn die Teilnehmenden eine Massage erhalten hatten. Es ergab jedoch keinen Unterschied, ob es sich dabei um eine Massage mit sanftem oder mäßigem Druck handelte – die Berührung im Allgemeinen schien die körperliche Erholung zu steigern.

Durch die Entwicklung eines standardisierten Testverfahrens für Entspannungstherapien schafft die Studie eine Basis für künftige Experimente, um die Wirkung weiterer Entspannungstechniken zu testen. Diese könnten in Präventions- oder Rehabilitationsprogrammen für Menschen, die an stressbedingten Krankheiten wie Depressionen leiden, zum Einsatz kommen.

Da Massagen eine so verbreitete Entspannungstechnik sind, waren sie der Fokus der ersten Studie. Im nächsten Schritt möchten die Wissenschaftler*innen untersuchen, ob andere kurze Interventionen wie Atemübungen und Meditation ähnliche psychologische und physiologische Entspannungseffekte zeigen.

Originalpublikation

Meier M, Unternaehrer E, Dimitroff SJ: Standardized massage interventions as protocols for the induction of psychophysiological relaxation in the laboratory: A block randomized control trial. Scientific Reports. DOI: 10.1038/s41598-020-71173-w