REM-Schlaf beeinflusst Essverhalten

Frau, die schlaflos im Bett liegt
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Während wir schlafen, durchlaufen wir verschiedene Schlafphasen, die auf unterschiedliche Weise dazu beitragen, dass wir uns am Morgen ausgeruht fühlen.

Die REM-Phasen, die nach den raschen Augenbewegung („rapid eye movement“ REM) benannt sind, werden nicht nur mit dem Träumen in Verbindung gebracht, sie gelten als wichtiger Motor für das Lernen und die Gedächtniskonsolidierung im Schlaf, bei Kindern und Jugendlichen können sie sogar die sensomotorische Entwicklung fördern. In der REM-Phase sind diverse Hirnareale und neuronale Schaltkreise hochaktiv. Allerdings ist bisher unklar, wozu diese elektrische Aktivität im Einzelnen dient.

Zu den Hirnregionen, die während des REM-Schlafes stark aktiviert sind, zählen Zentren, die für die Regulierung von Erinnerungen und Emotionen zuständig sind. Auch der sogenannte laterale Hypothalamus zeigt erhöhte Aktivität während des REM-Schlafs. Im Wachzustand orchestrieren die Nervenzellen aus diesem Hirnareal den Appetit und die Nahrungsaufnahme und sie spielen eine wichtige Rolle bei Motivation und Suchtverhalten.

Forschende von der Universität Bern und vom Inselspital Bern haben aktuell die Aktivierung von Nervenzellen im Hypothalamus von Mäusen während des REM-Schlafs untersucht. Sie wollten besser verstehen, wie die REM-Schlaf-Aktivierung der Nervenzellen im Hypothalamus unser alltägliches Verhalten beeinflusst. Dabei entdeckten sie, dass eine Unterdrückung der Aktivität dieser Nervenzellen dazu führt, dass die Mäuse weniger Nahrung zu sich nehmen.

Langanhaltender Effekt auf neuronale Aktivität und Nahrungsaufnahme

Die Forschenden erkannten, dass bestimmte Aktivitätsmuster der Zellen im lateralen Hypothalamus, die während des Wachzustandes Nahrungsaufnahme signalisieren, auch während des REM-Schlafes auftauchen. Um den Einfluss dieser Aktivitätsmuster während des REM-Schlafes zu untersuchen, setzten sie optogenetische Methoden ein, eine Technik, bei der die Aktivität von Nervenzellen mittels Lichtpulsen spezifisch während des REM-Schlafes ausgeschaltet werden kann. Dieses Ausschalten der Signale führte dazu, dass sich bei wachen Mäusen die Essensaktivitätsmuster der Zellen veränderten und die Tiere weniger Nahrung zu sich nahmen. Die Veränderung der Aktivitätsmuster war noch nach vier Tagen feststellbar. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass die elektrische Aktivität in hypothalamischen Schaltkreisen verändert werden kann und zu einem stabilen Essverhalten beiträgt.

Eine Frage der Qualität

Die Forscher sind überzeugt: Nicht nur die Schlafmenge allein ist wichtig, damit wir uns wohl fühlen, sondern dass es auch auf die Schlafqualität ankommt. Das sei entscheidend, da in unserer Gesellschaft etwa durch Schichtarbeit, künstlichem Licht oder Social-Jetlag bei Jugendlichen die Schlafqualität vielfach in Mitleidenschaft gerät.

Der entdeckte Zusammenhang zwischen der Aktivität der Zellen im REM-Schlaf und dem Essverhalten könnte dazu dienen, neue Therapieansätze bei Essstörungen zu entwickeln. Zudem könnten sie auch von Bedeutung sein für die Motivation und das Suchtverhalten. Dies hänge jedoch von den genauen neuronalen Schaltkreisen, der Schlafphase und anderen Faktoren ab, die noch zu erforschen seien, ziehen die Forscher ihr Fazit.

Publikation

Lukas T. Oesch, Mary Gazea, Thomas C. Gent, Mojtaba Bandarabadi, Carolina Gutierrez Herrera, and Antoine R. Adamantidis: REM sleep stabilizes hypothalamic representation of feeding behavior, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 31 July 2020, https://doi.org/10.1073/pnas.1921909117