Neue Leitlinie zu gesundheitlichen Aspekten von Nacht- und Schichtarbeit

13.12.2021 - Eine neu erstellte Leitlinie zu Nacht- und Schichtarbeit stellt erstmals die bestehende Evidenz zu gesundheitlichen Auswirkungen von Nacht- und Schichtarbeit zusammen und gibt Empfehlungen für die Praxis und zur Schichtplangestaltung. Das teilt die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) mit, die an der Erstellung der Leitlinie beteiligt war.

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Es ist wissenschaftlich belegt, dass Nacht- und Wechselschichten zu einer Störung unseres Tagesrhythmus und zu einem Schlafdefizit und Schlafstörungen führen können. Mögliche Folgen sind Müdigkeit, verminderte physische und kognitive Leistungsfähigkeit und auch kardiovaskuläre Erkrankungen sowie Stoffwechsel- und Krebserkrankungen. Auch neurologische und psychische Erkrankungen wie die Depression werden als gesundheitliche Folgen diskutiert.
Insbesondere in der Industrie, im öffentlichen Dienst (z.B. Polizei, Feuerwehr) und im Gesundheitswesen sind Schichtdienstsysteme notwendig. Hinzu kommen vermehrt ausgedehnte Öffnungs- und Betriebszeiten z.B. im Dienstleistungsgewerbe. Eine Tätigkeit in Schichtarbeit geht mit einer großen Belastung für die Beschäftigten einher.

Die neue Leitlinie soll jetzt u.a. Antworten auf Fragen wie diese liefern: Haben Schichtarbeiter*innen ein verändertes Risiko für Erkrankungen in diesen Bereichen im Vergleich zu Beschäftigten, die nicht in Schichtarbeit tätig sind? Und kann z.B. durch eine Reduktion von Nachtarbeit bzw. eines bestimmten Schichtsystems Gesundheitsprävention betrieben werden? Kann sich überdies die Prognose von Beschäftigten mit einem ungünstigen Risikoprofil für eine bestimmte Erkrankung z.B. durch die Reduktion von Nachtarbeit verringern lassen? Bzw. können Beschäftigte mit einer Vorerkrankung z.B. durch den Wechsel in ein anders Schichtsystem eine günstigere Prognose haben?

Die Empfehlungen der Leitlinie sollen dabei unterstützen, wenn z.B. bei einer bestehenden, chronischen Erkrankung entschieden werden soll, ob eine Tätigkeit an einem Arbeitsplatz in Schichtarbeit fortgesetzt werden kann bzw. welche anderen Optionen in solchen Situationen von Betroffenen und Mediziner*innen herangezogen und abgewogen werden können. So werden u.a. zur Vermeidung von Schlafstörungen (Primärprävention) im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements Unternehmen Schulungen für Schichtmitarbeiter im Umgang mit den besonderen Herausforderungen der Schichtarbeit an den Schlaf empfohlen.

Im Rahmen der Tertiärprävention sollen Mitarbeitern mit Schlafstörungen evidenzbasierte, selbstwirksame Techniken der Kognitiven Verhaltenstherapie für Ein- und Durchschlafstörungen vermittelt werden.

Bei moderaten und schweren Insomnien mit Tagesbeeinträchtigungen sollen bis zur Remission Tagschicht oder geeignete kontinuierliche Schichten, wie z.B. Spätschicht durchgeführt werden.

Altersbedingte Schlafstörungen bei Schichtarbeit können eine dauerhafte Aufgabe von Nachtschichtarbeit oder Schichtarbeit insgesamt erfordern.

Weiterhin wird Mitarbeitern mit schweren schlafbezogenen Atmungsstörungen, wie z.B. der Obstruktiven Schlaf-Apnoe und begleitenden schweren Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Aufgabe der Schichtarbeit nahegelegt.

Personen mit schwerem oder schwer behandelbaren Restless-Legs-Syndrom soll aus medizinischer Sicht die Möglichkeit eingeräumt werden, in Tagschichten oder geeignete kontinuierliche Schichten zu wechseln. Bei seltenen Erkrankungen, wie z.B. der Narkolepsie, deuten die wissenschaftlichen Daten auf eine komplette Schichtunfähigkeit der Mitarbeiter hin.

Die neu erstellte Leitlinie zu Nacht- und Schichtarbeit ist auf der Website der AWMF abrufbar.

Quelle: Idw-nachrichten online