Risiko für Gewichtszunahme bei jungen Erwachsenen besonders hoch

13.09.2021 - Weltweit sind immer mehr Menschen von Übergewicht betroffen. Dies hat große klinische und gesundheitspolitische Relevanz, da Übergewicht ein entscheidender Risikofaktor für verschiedenste schwere Erkrankungen ist. Wissenschaftler*innen haben nun herausgefunden, dass die jüngsten Erwachsenen (18-24 Jahre) ganz besonders von Gewichtszunahme betroffen sind.

Info
© Gajus / Fotolia.com

Die Weltgesundheitsorganisation WHO gab 2016 bekannt, dass weltweit mittlerweile 44% der Menschen von Übergewicht betroffen sind, Tendenz stark steigend. Von Übergewicht spricht man bei einem Body Mass Index (BMI) von über 25. Ab einem BMI von 30 gilt man als stark übergewichtig oder adipös, ab dem Wert 40 sprechen Mediziner*innen von starker Adipositas. In Deutschland ist bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig.

Übergewicht als Risikofaktor für Krankheiten

Übergewicht ist ein entscheidender Risikofaktor für viele verschiedene Krankheiten, von Herzinfarkt über Krebs bis hin zu Diabetes und Demenz. Wissenschaftler*innen wollten daher herausfinden, bei welcher Bevölkerungsgruppe sich Präventions- und Interventionsprogramme am meisten lohnen würden. Um bestehende Programme effektiv durchzuführen, muss man wissen welche Bevölkerungsgruppen besonders von Gewichtszunahme betroffen sind, um in diesen Gruppen gezielt intervenieren zu können. Mit der Studie wollten die Forscher*innen herausfinden, welche Bevölkerungsgruppe das wäre.

Größter Risikofaktor: Alter zwischen 18 und 24 Jahren

Dazu durchforsteten die Wissenschaftler*innen Datenbanken, die gesundheitliche Informationen von über zwei Millionen Brit*innen aus den Jahren 1998 bis 2016 enthielten. Aus den Daten zu Größe und Gewicht berechneten sie den BMI. Sie haben sich dazu die Veränderungen des BMI über die Zeiträume von einem, fünf und zehn Jahren in verschiedenen Alterskohorten angeschaut. Dabei fiel ihnen auf, dass insbesondere bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren der BMI stark zunimmt. Andere bereits bekannte Risikofaktoren für Übergewicht, wie männliches Geschlecht, soziale Benachteiligung oder bestimmte ethnische Zugehörigkeiten, spielten für die schnelle Zunahme an Gewicht nur eine untergeordnete Rolle.

Jeder Dritte wird übergewichtig

Die Analysen haben gezeigt, dass Männer, die zu Beginn der Datenaufzeichnungen zwischen 18 und 24 Jahre alt waren, nach 10 Jahren ihr Gewicht von durchschnittlich 80,8 kg auf 90,2 kg erhöht hatten. Im selben Zeitraum nahmen Männer im Alter von 65 bis 74 Jahren dagegen sogar leicht ab, von 83,9 auf 82,2 kg. Bei 37% der jüngsten Erwachsenen hatte sich das Gewicht nach 10 Jahren von normal- zu übergewichtig oder adipös verändert, in der Gruppe der ältesten Erwachsenen war das nur bei 24% der Fall.

Risikorechner berechnet persönliches Risiko, übergewichtig zu werden

Die Autor*innen nutzen die Ergebnisse dieser bisher größten Untersuchung zum Risiko für Gewichtszunahme als Grundlage für einen „Übergewichts-Risiko-Rechner“: Basierend auf Informationen zum eigenen Alter, Geschlecht, sozialer Benachteiligung, ethnischer Zugehörigkeit und aktuellem BMI kann dieser berechnen, wie groß das Risiko einer Person ist, in den nächsten Jahren zuzunehmen und in eine höhere BMI-Kategorie ‚zu rutschen‘. Es zeigt sich, dass junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren dafür das höchste Risiko von allen Altersgruppen haben. Mit dem Risikorechner kann jede(r) sein eigenes Risiko selbst berechnen: http://bmi.caliberresearch.org/

Wechselnde Lebensumstände

Die Forscher*innen vermuten, dass sich die im Leben junger Erwachsener wechselnden Lebensumstände eine Rolle spielen: In dieser Phase machen Menschen große Veränderungen in ihrem Leben durch. Sie fangen vielleicht an zu arbeiten, gehen zur Universität oder ziehen zum ersten Mal von zu Hause aus – ungesunde Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, die man sich in diesen Jahren aneignet, können bis ins spätere Erwachsenenalter beibehalten werden. Wenn es uns mit der Prävention von Übergewicht und dessen Folgen ernst ist, dann sollten nach Ansicht der Wissenschaftler*innen gezielter Maßnahmen entwickelt werden, die auch für junge Erwachsene relevant sind.

Originalpublikation

Michail Katsoulis, Alvina G Lai, Karla Diaz-Ordaz et al.:  Identifying high-risk groups for change in weight and body mass index: a health record population cohort of >9 million measurements in >2 million adults; The Lancet Diabetes & Endocrinology, DOI: https://doi.org/10.1016/S2213-8587(21)00207-2