„Übergewicht“

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Auf die Waage traut sich Michael schon lange nicht mehr. Er merkt ja auch so, dass er schon seit Jahren kontinuierlich immer weiter an Gewicht zugelegt hat. Was anfangs mit ein paar Kilos zu viel begann, hat sich mittlerweile zu einem richtigen Problem entwickelt. Er kann sich immer schlechter bewegen, die Knie schmerzen – so geht das nicht weiter…

Was ist Übergewicht?

Übergewicht kann (s.u.) ein ernstzunehmendes gesundheitliches Problem darstellen. Ab welchem Gewicht eine Person als übergewichtig gilt, wird häufig mit Hilfe des Body-Mass-Index (BMI) definiert. Er wird bei Erwachsenen (für Kinder gelten eigene Regeln und spezielle BMI-Tabellen) wie folgt berechnet: BMI = Körpergewicht in kg geteilt durch (dividiert) Körpergröße in Metern². Als Beispiel: Eine Frau, 40 Jahre alt, 1,75 m groß und 70 kg schwer hat demnach einen BMI von 22,9 (kg/m²). Im Internet finden sich zahlreiche Tabellen und Rechner, die die Bestimmung des eigenen BMIs ganz einfach machen, z.B. unter bmirechner.

Ein BMI von 18,5 bis 24,9 (kg/m²) gilt laut WHO als Normalgewicht, ein Wert zwischen 25 und 29,9 (kg/m²) als Übergewicht. Die nächste Stufe, Fettleibigkeit (Adipositas), wird in drei Schweregrade eingeteilt. Grad 1 beginnt bei einem BMI ab 30 (kg/m²), ab einem BMI von 35 (kg/m²) wird von Grad 2 gesprochen, Grad 3 beginnt bei einem BMI über 40 (kg/m²).

Inzwischen berücksichtigt der BMI auch Alter und Geschlecht der Person. Das Alter ist relevant, da sich ab ca. dem 40. Lebensjahr z.B. der Stoffwechsel verändert, was häufig zu einer Gewichtszunahme führt. Bei sehr alten Menschen hingegen sinkt oftmals das Körpergewicht, da ältere Menschen aus

verschiedenen Gründen verstärkt Muskelmasse abbauen. Muskeln sind jedoch schwerer als Fett. Da bei Männern i.d.R. von einem höheren Muskelmasse-Anteil ausgegangen werden kann, ist eine Unterscheidung auch nach Geschlechtern sinnvoll. Bei allen, die viel Sport treiben und deshalb viel schwere Muskelmasse besitzen, kann der BMI hoch sein (im „übergewichtigen“ Bereich), stellt dann aber kein gesundheitliches Problem dar.

Der BMI sagt außerdem nichts über die Verteilung des Körperfetts aus. Dabei gilt insbesondere zu viel Bauchfett (viszerales Fett) als gesundheitliches Risiko. Deshalb wird neben dem BMI oft auch der Bauchumfang bzw. das Verhältnis von Hüfte und Taille berechnet, um die gesundheitliche Gefährdung durch Übergewicht einschätzen zu können. Bei einem Taillenumfang ≥ 88 cm bei Frauen bzw. ≥ 102 cm bei Männern liegt eine abdominale (bauchbetonte) Adipositas vor und es besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von Folgeerkrankungen. Generell gilt der weibliche, hüftbetonte Fettverteilungstyp („Birne“) im Vergleich zum männlichen, bauchbetonten („Apfel“) als weniger risikoreich, Komplikationen bzw. Folgeerkrankungen (s.u.) im Zusammenhang mit dem Übergewicht zu entwickeln.

Wie sehr das Übergewicht die Lebensqualität beeinträchtigt wird individuell – natürlich auch in Abhängigkeit vom Grad des Übergewichts – empfunden. Übergewichtige leiden häufig bzw. zunehmend z.B. unter (alphabetisch):

  • Gelenkbeschwerden
  • Kurzatmigkeit und Luftnot
  • Niedergeschlagenheit bis hin zu Depression
  • Schlafapnoe (nächtliche Atemaussetzer)
  • Sodbrennen und Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre (Reflux)
  • Wundgescheuerter Haut (z.B. an den Oberschenkelinnenseiten)
  • psychosozialen Folgen ( bes. Stigmatisierung/Diskriminierung)

Bei Adipositas besteht ein erhöhtes Risiko z.B. für (alphabetisch):

  • Diabetes mellitus Typ 2 
  • die Entwicklung bestimmter Tumorerkrankungen (z.B. von Gebärmutter, Brust, Prostata, Gallenblase, Darm)
  • Fettleber, nicht alkoholisch bedingt
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Gallensteinbildung
  • Gicht
  • Hormonelle Störungen
  • Herz-Kreislauferkrankungen (z.B. Arteriosklerose, Bluthochdruck, Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall)
  • Metabolisches Syndrom 
  • Unfruchtbarkeit
  • Venenleiden
  • u.a.

Ursachen

In Deutschland gelten laut RKI (Robert-Koch-Institut) zwei Drittel der Männer (67 %) und die Hälfte der Frauen (53 %) als übergewichtig. Ein Viertel der Erwachsenen (23 % der Männer und 24 % der Frauen) ist stark übergewichtig (adipös). Besonders besorgniserregend ist auch der Anstieg übergewichtiger Kinder und Jugendlicher.

Bei der Entstehung einer Adipositas spielen meist mehrere Faktoren eine Rolle. Neben der individuellen Veranlagung sind das vor allem eine ungünstige Ernährung und Bewegungsmangel. Die Gewichtszunahme entwickelt sich häufig durch eine „Überernährung“ mit hochkalorischen, zuckerhaltigen (z.B. Softdrinks), fett- bzw. salzreichen (z.B. Wurstwaren) und industriell stark verarbeiteten (z.B. Fast Food) Lebensmitteln, sehr häufig in Kombination mit einem Mangel an Bewegung. Bewegung ist von so ausschlaggebender Bedeutung, da durch sie einerseits Kalorien verbrannt werden und andererseits der Anteil der Muskelmasse wächst, was wiederum den Grundumsatz (s.u.) des Körpers erhöht. Regelmäßige Bewegung wirkt sich außerdem positiv auf das Sättigungsgefühl aus und hilft dabei, Stress abzubauen.

Nur bei ca. 5% der adipösen Menschen liegen organische Ursachen vor, wie beispielsweise Schilddrüsenfehlfunktionen (z.B eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)). Es scheint aber, dass genetische Faktoren bei der Entstehung von Übergewicht eine Rolle spielen können. So wird vermutet, dass z.B. der sog. Grundumsatz (die Energiemenge, die ein Mensch in Ruhe verbraucht, also allein für das Aufrechterhalten der Organfunktionen, der Körperwärme u.a.) genetisch festgelegt sein könnte. Ist der Grundumsatz niedrig, nimmt bei gleicher Ernährung und Kalorienzufuhr dieser Mensch schneller zu als jemand mit hohem Grundumsatz.

Auch bestimmte Medikamente (z.B. Kortisonpräparate), Stress (Stress-Essen), Kummer (Frust-Essen) oder Schlafstörungen über längere Zeit können die Entwicklung von Übergewicht begünstigen, ebenso psychische Erkrankungen wie Depressionen oder bestimmte Formen von Essstörungen. Außerdem scheinen soziale Faktoren bei der Entwicklung eine Rolle zu spielen. Die Adipositas ist wesentlich seltener bei Personen mit hohem sozioökonomischem Status. Als Ursachen hierfür werden ein niedrigeres Einkommen, ein geringerer Bildungsstandard u.a. diskutiert.

Konventionelle Behandlung

Nicht jedes Übergewicht muss zwangsläufig behandelt werden. Bei einem BMI bis maximal 29, bei dem keine übergewichtsbedingten Erkrankungen (s.o.) bestehen, ist eine Gewichtsreduktion nicht unbedingt angezeigt, vorausgesetzt, das Gewicht bleibt stabil, die Betroffenen nehmen nicht weiter zu und fühlen sich wohl. Dann ist es für einige Patienten besser, konstant leicht übergewichtig zu sein, als immer wieder mit Gewichtsschwankungen zu kämpfen. Eine Adipositas (ab BMI von 30 kg/m2) gilt in der Fachwelt allerdings inzwischen als behandlungsbedürftige Erkrankung. Bei einer Adipositas Grad 3 (s.o.) kann die Lebenserwartung um bis zu 20 Jahre vermindert sein.

Welche Therapiemaßnahmen zum Einsatz kommen, hängt vom Ausmaß des Übergewichts ab und davon, ob und ggf. welche Folgeerkrankungen bereits eingetreten sind oder einzutreten drohen. Grundlage praktisch jeder Übergewichts-/ Adipositas-Behandlung ist die Senkung der Kalorienzufuhr durch eine dauerhafte Ernährungsumstellung und die Erhöhung des Kalorienverbrauch durch mehr und regelmäßige körperliche Aktivität. Ziel ist die langsame Gewichtsabnahme durch einen veränderten Lebensstil, um immer wiederkehrende Gewichtsschwankungen (Jo-Jo-Effekt) zu vermeiden. Die ggf. bereits bestehenden Begleit- oder Folgeerkrankungen des Übergewichts werden gesondert diagnostiziert und nötigenfalls therapiert.

Der Einsatz von Medikamenten zur Unterstützung der Gewichtsabnahme sowie operative Maßnahmen (wie z.B. das Magenband) werden nur in Ausnahmefällen bei sehr starkem Übergewicht (Adipositas) eingesetzt. Derartige chirurgische Eingriffe können zu schweren Nebenwirkungen (z.B. Erbrechen bereits nach geringer Nahrungszufuhr) führen und werden nur durchgeführt, wenn sämtliche anderen therapeutischen Maßnahmen keinen Erfolg erzielen konnten. Die Fettabsaugung (z.B. des Bauch- oder Hüftfettes) hingegen ist ein kosmetischer Eingriff, der zur (dauerhaften) Gewichtsreduktion wenig geeignet ist und ebenfalls relativ hohe Risiken mit sich bringt.

Was können Heilpraktiker für Sie tun?

Ziel der naturheilkundlichen und komplementären Therapie ist eine langfristige Gewichtsreduktion und die Vermeidung bzw. Behandlung der Folgeschäden des Übergewichts. Einem ganzheitlichen Ansatz entsprechend nimmt sich Ihre Heilpraktikerin oder Ihr Heilpraktiker Zeit, alle Faktoren herauszufinden, die bei Ihnen persönlich zur Entwicklung des Übergewichts beigetragen haben. Daraus leitet sich dann Ihr individuelles Behandlungskonzept ab.

Ist das Übergewicht – wie sehr häufig – Resultat v.a. einer ungesunden Ernährung, kommen verschiedene Ernährungstherapien zur Gewichtsreduktion und u.U. auch z.B. zur Senkung der Blutfett- und Blutzuckerwerte in Betracht. Wichtig ist hierbei die individuelle Beratung, langfristig führen nur Konzepte zum Erfolg, die die persönliche, familiäre und berufliche Situation der Betroffenen mit einbeziehen und im Alltag auch umsetzbar sind.

Idealerweise wird die Ernährungsumstellung in ein umfassendes therapeutisches Konzept eingebettet. Oftmals ist es nicht so einfach, „eingefahrene Wege“ zu verlassen und sich auf die Reise zu einem gesünderen Lebensstil zu begeben. Deshalb ist es gut, wenn verschiedene Verfahren ineinander greifen und sich gegenseitig in ihrer Wirkung unterstützen. Sind psychische Faktoren an der Entwicklung des Übergewichts beteiligt? Dient Essen der Konfliktvermeidung, als Trost oder zur Kompensation von Stress oder Langeweile? Dann können neben Bewegung und Ernährungsumstellung z.B. auch psychotherapeutische Verfahren  oder Heilhypnose helfen. Auch dabei, den eingeschlagenen Weg „durchzuhalten“, unterstützen Sie Ihre Heilpraktikerin oder Ihr Heilpraktiker gerne.

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Zahlreiche naturheilkundliche Verfahren bieten Möglichkeiten, den Stoffwechsel, die „Entgiftungsfunktionen“ des Körpers oder die hormonelle Regulierung positiv zu beeinflussen. Hormone steuern beispielsweise das Hunger- bzw. Sättigungsgefühl oder stimulieren das „Belohnungszentrum“ im Gehirn. Welche Ansätze und Verfahren die richtigen sind, ist aber individuell verschieden und muss vor allem sorgsam auch auf etwaige bereits bestehende andere Erkrankungen abgestimmt werden.

Vielleicht hat Ihr Übergewicht auch seelische Gründe? Füllt das Essen eine innere Leere? Bietet es Trost, Schutz, einen Ausgleich für mangelnde Zuwendung? Hilft Ihnen das Übergewicht womöglich dabei, besser „gesehen“ zu werden oder dient es Ihnen als Schutzpanzer? Dann sind Sie gut aufgehoben in ganzheitlichen Behandlungskonzepten, die neben der Gewichtsreduktion auch in diesen Bereichen Hilfe und professionelle Unterstützung (z.B. Psychotherapie) bieten.

Die o. g. Möglichkeiten stehen deshalb nur beispielhaft für die vielen Methoden, die Ihrer Heilpraktikerin oder Ihrem Heilpraktiker zur Verfügung stehen. Im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes begreifen sie den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele. Alle Teile sind miteinander verbunden, stehen miteinander in Kommunikation und wollen im Sinne einer umfassenden Behandlung mit einbezogen werden.

Verschiedene Therapieverfahren stehen bei der Behandlung von Übergewicht bzw. Adipositas zur Verfügung, in Frage kommen z. B.  (alphabetisch):

Wenn Sie unter Übergewicht oder Adipositas leiden, sprechen Sie mit Ihrer Heilpraktikerin oder Ihrem Heilpraktiker – sie nehmen sich für Sie Zeit. Sollten Sie sich besonders für bestimmte Therapien interessieren, hilft Ihnen die BDH-Therapeutensuche dabei, eine Praxis in Ihrer Nähe zu finden.

Was können Sie selber tun?

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Um abzunehmen ist eine Ernährungsumstellung in den allermeisten Fällen nötig. (Aber keine forcierte Gewichtsabnahme in Schwangerschaft und Stillzeit!). Seien Sie dabei geduldig mit sich – es geht nicht um den schnell erzwungenen Gewichtsverlust, sondern um ein lebensbegleitendes Ernährungskonzept. Lassen Sie sich deshalb am besten beraten und begleiten, eine solche Umstellung ist ein längerfristiger Prozess, der mit viel Motivation gelingen kann.

Grundsätzlich gilt: Kauen Sie langsam, essen Sie nicht zwischen den Mahlzeiten („snacken“), und als Mitteleuropäer möglichst nicht nach 19.00 Uhr. „Dinnercancelling“, kein Essen mehr nach 16.00 Uhr, kann eine sehr effektive Methode sein, die körpereigenen stoffwechselaktiven Wachstumshormone anzuregen. Nicht „nebenbei“ essen oder während der Mahlzeit Zeitung lesen, fernsehen o.ä. Trinken Sie ausreichend, ca. 2-3L/tgl., am besten stilles Wasser. Appetitzügler sind i.d.R. nicht

empfehlenswert, einige können schwere Nebenwirkungen (z.B. Herzklappenschäden oder Bluthochdruck) verursachen!

Bewegen Sie sich – angepasst an ihre körperlichen Voraussetzungen (bei schwerer Adipositas, Herz-kreislauferkrankungen, Gelenkproblemen etc. vorher Rat bei Therapeutinnen oder Therapeuten einholen!) – regelmäßig, möglichst 30 Minuten täglich. Bewegung baut Muskulatur auf, erhöht so den Grundumsatz (s.o.) und regt die Fettverbrennung an. Außerdem trainiert regelmäßige Bewegung das Herz-Kreislaufsystem und kann helfen, Spätfolgen vorzubeugen.

Wenn Sie noch nie oder lange Zeit keinen Sport getrieben haben, beginnen und steigern Sie langsam: Nehmen Sie z. B. die Treppe statt des Aufzugs, fahren Sie nach Möglichkeit mit dem Rad zur Arbeit oder steigen Sie eine Station eher aus dem Bus. Suchen Sie sich eine Sportart aus, die Sie nicht überfordert und Ihnen Spaß macht. Trainieren Sie regelmäßig, nicht Hochleistungen sind gefragt, sondern Geduld und Ausdauer!

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Einigen Betroffenen fällt es zudem leichter, bei Veränderungsprozessen in eine Gruppe eingebunden zu sein. Das gilt sowohl für das Abnehmen als auch für die Bewegung. Dann können Selbsthilfegruppen, Vereine oder Krankenkassensportgruppen hilfreich sein.

Unterstützung und weitere Informationen finden Sie z.B. auch bei der Deutschen Adipositas Hilfe Deutschland e.V.  https://www.adipositashilfe-deutschland.de/aktuelles.html (verlinken) oder beim Adipositasverband Deutschland e.V.  (verlinken) https://www.adipositasverband.de/

Autoren und Redaktion
Autorin: Kirsten Buschmann, Heilpraktikerin
Redaktion: Ulrich Sümper, Heilpraktiker

Beratung durch
Anita Sprenger-Witte, Heilpraktikerin
Franz-Claas-Straße 6a
33428 Harsewinkel
Tel. 05247 - 40 64 07

Diese Gesundheitsinformation wurde am 12.08.2021 erstellt und wird regelmäßig aktualisiert.