Ergebnisse der BDH-Umfrage zu Stellenwert und Qualität der Arbeit von Heilpraktiker*innen

11.05.2021 - Im Juni 2020 hat der BDH eine Umfrage gestartet, die die Frage nach dem Stellenwert und der Qualität der Tätigkeit von Heilpraktiker*innen aus dem Blickwinkel ihrer Patient*innen klären sollte. Nun liegen die Ergebnisse der BDH-Umfrage vor. Sie bestätigen in jeder Hinsicht, wie sehr Patient*innen unsere Arbeit schätzen und wie zufrieden sie mit unseren Leistungen sind.

© Iren Moroz - AdobeStock.com

Der Heilpraktikerberuf wird von politischen Entscheidungsträgern regelmäßig auf den Prüfstand gestellt. Zum Teil wird sogar die Frage aufgeworfen, ob Heilpraktiker im Gesundheitssystem generell verzichtbar sind oder ob es zumindest einer staatlich regulierten Ausbildung mit einem staatlich anerkannten Ausbildungsabschluss bedarf. Um relevante Fakten für den politischen Diskurs zu haben, wollte der BDH klären, welchen Stellenwert und welche Qualität die Tätigkeit von Heilpraktikern aus dem Blickwinkel ihrer Patient*innen tatsächlich hat. Deshalb initiierte er die nun ausgewertete Umfrage.

Das methodische Vorgehen

In der BDH-Umfrage ist die Behandler-Patienten-Beziehung der primäre Forschungsgegenstand. Im ersten Teil der Umfrage sollten die teilnehmenden Patient*innen angeben:

  • mit welchen Beschwerden sie ihren Behandler*innen aufgesucht haben
  • wie sich die Beschwerden im Verlauf der Behandlung verändert haben (z.B. „die Beschwerden sind zwar wiederkehrend, die Behandlungen verschaffen jedoch Linderung“)
  • wie sie ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität insgesamt erleben.

Im zweiten Block ging es dann wie im Praxis-Qualitätsmanagement um verschiedene Aspekte der von den Patient*innen erlebten Kommunikation und Kompetenz der Behandler*innen sowie der Praxisorganisation. Damit können die Gesundung von Patient*innen zielgerichtet mit Merkmalen des Behandlers und der Praxis in Verbindung setzt werden. Der dritte Teil der Umfrage schließt mit einigen Fragen zu demografischen Merkmalen ab (Geschlecht, Altersgruppe usw.). Die demografischen Daten werden für statistische Analysen genutzt.

Die ersten Kernbefunde der BDH-Umfrage

Die hier vorgestellten Ergebnisse basieren auf der Auswertung von 3.412 Patienten-Fragebögen. 418 Heilpraktikerpraxen haben Materialien zur Beteiligung an der Studie angefordert. Von diesen 418 Praxen haben sich 170 Praxen sehr aktiv mit im Durchschnitt 20 Patient*innen an der Studie beteiligt.

75,5 % der Befragten suchen Heilpraktiker*innen wegen Beschwerden des Bewegungsapparates auf

Die Antworten der befragten Patient*innen zeigen, dass Heilpraktiker*innen am häufigsten wegen Beschwerden des Bewegungsapparates in Anspruch genommen werden. 75,5 Prozent der befragten Patient*innen berichten von Schmerzen im Bewegungsapparat (siehe Abbildung 1).

Mit etwas Abstand folgen Behandlungen bei Magen- und Darmbeschwerden mit 40,3 Prozent, bei Allergien mit 38,9 Prozent, bei Kopfschmerzen mit 38,4 Prozent und bei psychischen Beschwerden mit 32,9 Prozent. Das Schlusslicht bildet die Behandlung bei Diabetes mit 2,7 Prozent (inkl. Ernährungsberatung). Neurologische Beschwerden werden mit 4,1 Prozent ebenfalls eher selten behandelt. Auch die komplementäre Krebsbehandlung ist mit 4,8 Prozent eher ein Randthema bei den hier befragten Patient*innen.

Abbildung 1: Bei welchen Beschwerden werden Heilpraktiker aufgesucht (Häufigkeit in %)
Im Durchschnitt (arithmetisches Mittel) benennen die befragten Patient*innen 3,7 Beschwerden.

Im Durchschnitt (arithmetisches Mittel) benennen die befragten Patient*innen 3,7 Beschwerden (siehe Abbildung 2). Viele Patient*innen sind fokussiert auf einen Themenkomplex (z.B. Kopf- & Bewegungsschmerzen oder Allergie & Infektanfälligkeit oder Magen-/Darmerkrankung & psychische Beschwerden). Dabei steht die Anzahl der genannten Beschwerden nicht mit der Altersgruppe der Patienten in Zusammenhang (r=.001; p=.855).

Abbildung 2: Wie viele Beschwerden werden von den befragten Patient*innen benannt (Häufigkeit in %).
Die große Mehrheit der befragten Patient*innen erlebt ihre Behandler*innen als sehr empathisch und sehr vertrauenswürdig

Im nächsten Schritt wurden Stellenwert und Qualität der Arbeit der Heilpraktiker*innen aus der Perspektive der befragten Patient*innen beleuchtet. Dabei kommt zum Ausdruck, dass die große Mehrheit der befragten Patient*innen ihre Behandler*innen als sehr empathisch (87,2 Prozent) und sehr vertrauenswürdig (90,0 Prozent) erlebt (siehe Abbildung 3). Schlechter als mit gut schneidet kaum ein Behandler ab. Genutzt wird eine Likert-Skala mit Schulnoten.

Abbildung 3: Empathie und Vertrauenswürdigkeit der Behandler*innen (Häufigkeit in %).
Sorgfalt und Kompetenz

Wie steht es um die erlebte Sorgfalt und Kompetenz der behandelnden Heilpraktiker*innen? In der BDH-Umfrage wurden vier Kompetenzfelder unterschieden, und zwar die Sorgfalt und Kompetenz bei der Fallaufnahme (Anamnese), bei der körperlichen Untersuchung (sofern relevant), bei der Diagnose/Differenzialdiagnose und bei der Psychoedukation, also der Erklärung physiologischer und gesundheitlicher Zusammenhänge (siehe Abbildung 4). In allen vier Kompetenzfeldern schneidet die Mehrzahl der Behandler*innen mit einem sehr gut ab. Um ein Beispiel zu nennen, wird die Sorgfalt und Kompetenz bei der Fallaufnahme (Anamnese) von 86,1 Prozent der befragten Patient*innen mit sehr gut bewertet. Schlechter als mit gut schneidet wiederum kaum ein Behandler ab. Es kommt eine Likert-Skala (Schulnoten) zum Einsatz.

Abbildung 4: Erlebte Sorgfalt und Kompetenz bei der Fallaufnahme, der körperlichen Untersuchung, der Diagnose/Differenzialdiagnose und Psychoedukation (Häufigkeit in %).
81,1 % der befragten Patient*innen finden, dass sich ihre Behandler angemessen viel Zeit nehmen

Neben der Persönlichkeit, der Sorgfalt und der Kompetenz des Behandlers ist ebenfalls von Bedeutung, inwieweit sich die Patient*innen in der Praxis wohlfühlen, inwieweit sie in der Praxis entspannen können und inwieweit sich der Behandler bei der Anamnese und Behandlung angemessen viel Zeit nimmt. Auch zu diesem Themenfeld liegen Untersuchungsergebnisse vor (siehe Abbildung 5). Die befragten Patient*innen bewerten überwiegend mit sehr gut, dass sich ihre Behandler angemessen viel Zeit nehmen (81,1 Prozent), dass sie in der Atmosphäre der Praxis entspannen können (85,0 Prozent) und sich in der Praxis wohl fühlen (86,4 Prozent). Auch hier schneidet kaum ein Behandler schlechter als mit gut ab. Zum Einsatz kommt wieder eine Likert-Skala.

Abbildung 5: Gewidmete Anamnese- und Behandlungszeit, Praxisatmosphäre und Wohlfühlen in der Praxis (Häufigkeit in %).
Praxisorganisation, Praxisausstattung und Praxishygiene

Der positive Eindruck der Praxis in punkto Zeit, Entspannung und Wohlfühlen setzt sich häufig auch in Bezug auf die interne Organisation der Praxis fort. Gefragt wurde nach der allgemeinen Praxisorganisation (z.B. keine oder kurze Wartezeiten), der Ausstattung der Praxis und der Hygiene in der Praxis (siehe Abbildung 6). Die befragten Patient*innen bewerten wiederum überwiegend mit sehr gut, wie die Praxis organisiert ist (86,6 Prozent), wie gut sie ausgestattet ist (79,6 Prozent) und wie die hygienischen Bedingungen in der Praxis sind (89,3 Prozent). Wiederum wurde eine Likert-Skala (Schulnoten) genutzt.

Abbildung 6: Praxisorganisation, Praxisausstattung und Praxishygiene (Häufigkeit in %).
88,2 % der befragten Patient*innen bewerten den Gesamteindruck ihres Behandlers mit sehr gut

Nach den vielen Einzeleindrücken sollten die Patient*innen bewerten, wie ihr Gesamteindruck vom Behandler und der Praxis ist. Wiederum konnten Schulnoten im Rahmen einer Likert-Skala vergeben werden. Wir sehen in Abbildung 7, dass der Behandler bei 88,2 Prozent der befragten Patient*innen mit sehr gut abschneidet und die Praxis immerhin bei 79,0 Prozent der befragten Patient*innen ein sehr gut bekommt. Schlechter als mit gut schneidet kaum ein Behandler und kaum eine Praxis ab.

Abbildung 7: Gesamtnote für Behandler*in und Praxis (Häufigkeit in %).
Rund drei Viertel der befragten Patient*innen sind weiblich

75,2 Prozent, also rund drei Viertel der befragten Patient*innen, waren weiblich (siehe Abbildung 8), ein Eindruck den auch viele Heilpraktiker*innen im Gespräch wiedergeben.

Abbildung 8: Befragte Patient*innen nach Geschlecht (Häufigkeit in %).
Die Altersgruppe der 50 bis <60 Jahre geht mit 33,3 % am häufigsten zum Heilpraktiker

Darüber hinaus zeigt die Umfrage, dass sich die befragten Patient*innen über viele Altersgruppen verteilen. Ein gutes Drittel der befragten Patient*innen gehört der Altersgruppe 50 bis <60 Jahre an. Diese Altersgruppe ist in Zahlen am stärksten vertreten (siehe Abbildung 9). Die zweihäufigste Patientengruppe ist zwischen 40 und <50 Jahre alt. Darüber hinaus sind auch die Altersgruppen 30 bis <40 sowie 60 bis <70 gut vertreten. Die Abbildung zeigt, dass sich die befragten Patient*innen über sehr viele Altersgruppen verteilen, und zwar nicht gleichmäßig, sondern annähernd normal verteilt.

Abbildung 9: Befragte Patient*innen nach Altersgruppe (Häufigkeit in %).
Komplementär oder ausschließlich?

Abschließend zeigt sich in Abbildung 10, dass 89,8 Prozent der befragten 3.400 Patient*innen ihre Heilpraktikerin oder ihren Heilpraktiker komplementär nutzen. Lediglich 10,2 Prozent der befragten Patient*innen nutzen ihren Heilpraktiker ausschließlich, also ohne einen Hausarzt oder Fachärzte zu Rate zu ziehen.

Abbildung 10: Komplementäre oder ausschließliche Nutzung des Heilpraktikers (Häufigkeit in %).
Fazit und Dank

Mit dem hier im Rahmen der BDH-Umfrage und -Studie entstehenden Datensatz sind wir in der Lage, ein sehr differenziertes gesundheitspolitisches Bild zu zeichnen. Sie wirft ein positives Licht auf die offenkundig enge Bindung der Patienten an den jeweils behandelnden Heilpraktiker. Bei der Bewertung der Sorgfalt und Kompetenz des Behandlers zeigt sich in der Wahrnehmung der befragten Patienten das Gesamtbild eines gewissenhaften, kompetenten und geduldig arbeitenden Heilpraktikers.

An dieser Stelle möchten wir den vielen Praxen und Patient*innen, die sich an der BDH-Umfrage und -Studie beteiligt haben, DANKE sagen. Sie haben diese Umfrage erst mit ihrem Engagement ermöglicht.

Einschränkung

Dem BDH und den Autoren ist bewusst, dass die hier vorgestellte Studie einige positive Verzerrungen in sich trägt. Erstens wählen Patient*innen ihre Heilpraktikerin oder ihren Heilpraktiker bewusst aus und achten bei der Wahl ihres Behandlers auch auf die zwischenmenschlichen Töne und das eigene Wohlfühlen in der Praxis. Zweitens ist zu erwarten, dass vor allem Patient*innen zur Teilnahme an der BDH-Umfrage aufgefordert werden, zu denen der Behandler einen guten Draht entwickelt hat. Und drittens werden sich vor allem die Patient*innen an der BDH-Umfrage beteiligen und den Fragebogen vollständig ausfüllen, die gegenüber Heilpraktiker*innen im Allgemeinen positiv eingestellt sind. Trotz dieser Verzerrungen erwarten wir eine Vielzahl von griffigen Befunden, die das Engagement lohnenswert machen.

Wir erhoffen uns, mit der BDH-Studie gleichermaßen einen wissenschaftlichen Mehrwert geschaffen zu haben, als auch den Stellenwert von Heilpraktiker*innen in unserem Gesundheitssystem aufzuzeigen und somit konstruktiv zum stetigen Fortschritt des gesundheitlichen Versorgungsangebotes beizutragen.

Verfasser

Die Umfrage wurde durchgeführt und ausgewertet von:

  • Markus Werthebach, Dipl.-Psychologe, Dipl.-Kaufmann, Heilpraktiker, Praxis für Schmerztherapie in Lünen. Dozent an der Hufeland-Schule in Senden und an der Hochschule für Gesundheit in Bochum.
  • Jonas Thömke, B.Sc. (Psychologie), aktuell im Masterstudium (Psychologie) an der Universität Witten/Herdecke, freier Mitarbeiter in der Praxis für Schmerztherapie in Lünen.
  • Pit Wiemann, Dipl.-Sozialpädagoge, 28 Jahre lang Geschäftsführer beim Hattinger Bildungsträger HAZ, jetzt Coach und Unternehmensbegleiter bei der Fa. Moringa – Pit & Claudia Wiemann GbR

Beitrag zuletzt geändert am 05.08.2021.