Labordiagnostik für Heilpraktiker massiv bedroht

28.10.2020 - Wenn Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker ihre Patienten mithilfe von Labortests diagnostizieren, durften sie das bisher aufgrund des sogenannten MTA-Gesetzes. Doch das wird jetzt reformiert – mit möglicherweise gravierenden Auswirkungen für Heilpraktiker.

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Wer darf eigentlich Labortests durchführen und wer nicht?

Das regeln in Deutschland mehrere Gesetze, und eines davon wird gerade reformiert, nämlich das „Gesetz über technische Assistenten in der Medizin“, kurz MTA-Gesetz, von 1993. Dieses regelt die Ausbildung und die Zuständigkeiten der medizinisch-technischen Assistentinnen/Assistenten (MTA) und damit auch, wer ihre Arbeit, also Laboranalysen, durchführen darf. Das Wichtige hierbei: Dieses Gesetz betrifft auch Heilpraktiker, wenn sie Blut und Urin ihrer Patienten selbst untersuchen oder eine Urin- oder Blutanalyse beauftragen wollen. Ärzteverbänden ist das schon lange ein Dorn im Auge, und sie wollen den Heilpraktiker-Paragrafen im Zuge der Reform abschaffen. Sie könnten damit Erfolg haben, wie der aktuelle Referentenentwurf zum Gesetz zeigt. Denn inzwischen ist der Heilpraktiker im Referentenentwurf zum Reformgesetz nicht mehr unter den Berufsgruppen genannt, die Labortests anweisen dürfen.
Damit dies nicht so kommt, setzt sich der Bund Deutscher Heilpraktiker e.V. gemeinsam mit den anderen Verbänden der Gesamtkonferenz Deutscher Heilpraktikerverbände und Fachgesellschaften derzeit dafür ein, diese Entwicklung noch zu stoppen.

Berufsverband Deutscher Laborärzte fordert Streichung der Heilpraktiker*innen

Im Detail geht es um Laboranalysen zur Diagnostik von Krankheiten, die laut MTA-Gesetz von 1993 nur von ausgebildeten MTA durchgeführt werden dürfen. Aber was wäre eine Regel ohne eine Ausnahme? Rein ins Analyselabor durften bisher nämlich auch Personen, die in dem Bereich mindestens so gut ausgebildet wurden wie MTA, sowie Heilpraktiker und auch Zahnärzte. Diese Regelung sollte unverändert in das neue MTA-Gesetz übernommen werden, der ursprüngliche Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums sah keine Änderung hinsichtlich des Heilpraktikerberufs vor. Der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) forderte jedoch, die „Ausnahme“ für Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker zu streichen. Dazu schreibt der BDL in seiner Stellungnahme, man müsse die MTA vor „fachlich unhaltbaren neuen Arbeitsbeziehungen mit Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker schützen“. Der Verband begründet das mit seiner Einschätzung, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker „über keine Human- oder Tiermedizinern auch nur annähern vergleichbare Qualifikation verfügen“. Das würde sie also für Laborarbeit nicht qualifizieren.

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Auch die Anordnung von Labortests wäre betroffen

Doch ins Labor und dort arbeiten wollen Heilpraktiker im Regelfall auch gar nicht, sagt BDH-Vizepräsident Siegfried Kämper. „Die meisten Heilpraktiker führen in ihrer Praxis die bewährten Streifen-Schnelltests durch. Für ausführlichere Untersuchungen schicken sie die Proben an Zentrallabore für klinische Diagnostik und lassen sie dort analysieren“, erklärt er. Diese bisher selbstverständliche und für viele diagnostische Situationen unverzichtbare Möglichkeit würde nach dem Gesetzentwurf Heilpraktikern genommen. Für Kämper ist zudem die Untersuchung von Blut und Urin der Patienten durch eine Laboranalyse in der eigenen Praxis wie für viele Kolleginnen und Kollegen nicht nur Alltagsroutine, sondern die Basis seriöser Diagnostik. Ein Wegfall würde seine Praxistätigkeit fundamental einschränken.

Das MTA-Gesetz hat noch einen weiteren für Heilpraktiker relevanten Paragrafen, nämlich Art.1, § 5 Abs. 5, der die Arbeit von Heilpraktikern unmittelbar betrifft. Der Paragraf regelt nämlich, wer Labortests anordnen darf. Auch das wurde bis dato neben Ärzt*innen nur Heilpraktiker*innen sowie Zahn- und Tierärzt*innen erlaubt. Daher steht bisher Labordiagnostik ganz oben im Kurrikulum von Heilpraktiker-Schulen sowie im Katalog der Bundeseinheitlichen Überprüfungsrichtlinien für Heilpraktiker. BDH-Vizepräsident Kämper bestätigt, dass alle künftigen Heilpraktiker sowohl die Methoden der Labordiagnostik kennen wie auch Ergebnisse interpretieren können müssen. Er selbst mache es genauso: „Ich bekomme vom Zentrallabor die Analyseergebnisse zugeschickt und interpretiere sie dann selbst“. Bei Fragen stehen dennoch die Laborärzte des Zentrallabors zur Verfügung, was Kämper selbst auch schon oft in Anspruch genommen hat. „Mit dem Leiter des Zentrallabors in Bochum habe ich oft über Patienten diskutiert und wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit“, betont er.

Großer Schaden für Heilpraktikerpraxen

Dürften Heilpraktiker keine Labortests mehr anordnen, würde das deutliche Einschränkungen mit sich bringen. Denn wie sollen bestimmte Krankheiten denn sonst eindeutig festgestellt werden? Doch genau so steht es nun in der überarbeiteten Fassung des Referentenentwurfs zur Reform des MTA-Gesetzes. Die Heilpraktiker sind aus dem Personenkreis gestrichen, der künftig labortechnische Leistungen beauftragen darf. Das kann nicht im Sinne der Patientensicherheit sein, findet Kämper. Kommt etwa ein Patient mit Müdigkeit und Abgeschlagenheit in die Praxis, könnte es Diabetes sein, und dieser muss im Blut nachgewiesen werden. „Werden im Labor erhöhte Blutzuckerwerte festgestellt, schicke ich den Patienten natürlich zum Arzt, der ihm Medikamente verschreiben kann“, erklärt Kämper. Dazu sind Heilpraktiker sogar verpflichtet. Denn das Patientenrechtegesetz besagt, dass Heilpraktiker und Ärzte bei Verdacht auf Erkrankungen untersuchen müssen – und das nach anerkannten fachlichen Standards wie eben Labortests.

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Labortests werden auch durch andere Gesetze geregelt

Und noch ein Gesetz regelt die Arbeit der Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, nämlich das Medizinproduktegesetz. Hier steht, dass alle, die Laboranalysen selbst machen, ihre Qualität durch Ringversuche nachweisen müssen. Will ein Heilpraktiker also selbst in seiner Praxis Blut untersuchen, etwa auf Blutzucker, muss er in regelmäßigen Abständen Referenzproben untersuchen und die Werte ans Referenzlabor schicken. Stimmt der Wert nicht, darf er die Untersuchung nicht mehr selbst machen. Die Regelung im bisherigen MTA-Gesetz, dass Heilpraktiker gewisse Laborarbeiten der MTA machen dürfen, oder diese eben einfach gegen Bezahlung in einem Zentrallabor durchführen lassen dürfen, ist also noch durch einige andere Gesetze geregelt bzw. eingeschränkt.

Fazit

Wieder einmal soll die Tätigkeit von Heilpraktiker*innen durch die „Hintertür“ eingeschränkt werden – mit gravierenden Einschränkungen für die Diagnostik von Erkrankungen und wirtschaftlichen Auswirkungen für Heilpraktikerpraxen. Das können wir so nicht hinnehmen. Daher setzt sich der BDH seit Wochen dafür ein, dass diese Gesetzesänderung gestoppt wird und ist im ständigen Austausch mit Politikern und Experten. Wir halten Sie über die Entwicklung auf dem Laufenden.

Autorin

Karin Lauschke
Freie Wissenschaftsjournalistin
Kopenhagen, Dänemark
E-Mail: karin.lauschke@gmx.net