Am 23.04.2021 standen vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) in Münster drei Berufungsverfahren (Az. 9 A 4073/18; 9 A 4108/18; 9 A 4109/18) von Heilpraktikern im Zusammenhang mit unterschiedlichen Formen der Eigenbluttherapie zur Verhandlung. Das OVG hat die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Münster bestätigt und die Berufungen der betroffenen Heilpraktikerinnen bzw. Heilpraktiker zurückgewiesen.
Begründet hat der 9. Senat seine Entscheidungen damit, dass letztendlich jede Entnahme von Blut, die zur Herstellung von Arzneimitteln bestimmt ist, eine Spende im Sinne des Transfusionsgesetzes (TFG) darstellt. Diese Entnahme dürfe nur durch einen Arzt oder müsse zumindest unter dessen Verantwortung erfolgen. Das TFG unterscheide dabei nicht zwischen Fremd- und Eigenblut. Der Sinn und Zweck des Transfusionsgesetzes, für eine sichere Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen zu sorgen, greife auch bei Eigenblutspenden, und zwar unabhängig davon, ob nur eine geringe Menge entnommen wird. Die Heilpraktiker könnten sich auch nicht auf die Ausnahmeregelung in § 28 TFG berufen, denn es handele sich nicht um „homöopathische Eigenblutprodukte“, zu deren Herstellung Blut entnommen wird.
Das OVG ist der Auffassung, dass der Begriff „homöopathisch“ ausschließlich unter Heranziehung des Arzneimittelgesetzes (AMG) zu bestimmen sei und deshalb voraussetze, dass das Eigenblutprodukt „nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt“ wird (§ 4 Abs. 26 AMG).
Hier weicht das OVG sowohl von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (Urt. v. 17.01.2012; Az: VI ZR 336/10) als auch des Verwaltungsgerichts Osnabrück (Urt. v. 04.08.2020, Az: 3 A 44/19) entscheidend ab.
Der BGH hat die Anwendung von Eigenblut mit dem Zusatz von Homöopathika als „gebräuchliche Form der Eigenbluttherapie“ eingestuft und im Ergebnis nicht ausschließlich auf die in § 4 Abs. 26 AMG aufgeführten Arzneibücher abgestellt, sondern sein Ergebnis auf allgemeinere Quellen (z.B. den Pschyrembel) gestützt.
Das VG Osnabrück hat in seiner Entscheidung zudem darauf hingewiesen, dass der Begriff des „homöopathischen Arzneimittels“ bei Anwendung im Rahmen des § 28 TFG einer „extensiven Auslegung“ bedarf, denn ein strenges Festhalten am Wortlaut des § 4 Abs. 26 AMG werde den Besonderheiten der Eigenblutbehandlung grundsätzlich nicht gerecht und entspreche auch nicht der Intention des Gesetzgebers. Es käme letztendlich entscheidend darauf an, ob „mit dem Prozess aus Entnahme und Reinjektion eine homöopathische Behandlung“ vorliege. Dies sei dann der Fall, wenn „das Blut als entsprechender Reiz für das Immunsystem eingesetzt“ werde.