Erste Leitlinie zu nicht-hormoneller Verhütung erschienen

05.02.2024 - Eine neue AWMF-Leitlinie zur nicht-hormonellen Empfängnisverhütung beinhaltet Empfehlungen, die sich an aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft orientiert. Die Anwendung und Effektivität nicht-hormoneller Verhütungsmethoden wird ausführlich diskutiert, um Patientinnen und Patienten sowie Paaren eine bestmögliche Beratung zu ermöglichen.

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In den letzten Jahren ist in Bezug auf die Wahl der Verhütungsmethode eine deutliche Trendwende zu beobachten: Während über Jahrzehnte hinweg die „Pille“ die am häufigsten angewendete Verhütungsmethode in Deutschland war, wird die hormonelle Verhütung seit einiger Zeit zunehmend kritischer gesehen und zunehmend abgelehnt. Frauen suchen nach Alternativen und Männer tragen mittlerweile mehr Verantwortung bei der Familienplanung. Kondome werden inzwischen häufiger zur Verhütung genutzt als die „Pille“.

Um Paaren bzw. Anwender*innen die notwendige Beratung anbieten zu können, sind Ärzt*innen aufgefordert, ihr Wissen um nicht-hormonelle Kontrazeptiva zu intensivieren, betont die Autor*innengruppe der Leitlinie.

Betrachtung unterschiedlicher Verhütungsmethoden

Die Handlungsempfehlung thematisiert konkret unterschiedlichste Methoden der nicht-hormonellen Verhütung. So geht es anfangs um die „Natürliche Familienplanung“, die sich mit Methoden der Zyklusbeobachtung auseinandersetzt. Dabei wird betont, dass jeder Methode die gleiche Intention vorausgehe, die Effektivität jedoch jeweils unterschiedlich sei. Die Methoden der Natürlichen Familienplanung seien bei korrektem Erlernen anwendbar, doch man sollte auf Sonderregeln achten, die je nach individueller Lebenssituation variieren können. Zu diesen Situationen gehören beispielsweise die Zeit nach der Geburt, die Stillzeit sowie die Perimenopause, aber auch die Anwendung von Medikamenten, die den Zyklus beeinflussen.

Weiterhin behandeln die Expert*innen die sogenannte „Laktationsamenorrhoe“, die sich hauptsächlich an Frauen richtet, die ihr Neugeborenes stillen. Diese Methode sei bis zu 98 % sicher, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die stillenden Frauen sind weniger als 6 Monate postpartal
  • es besteht eine Amenorrhoe
  • und sie stillen vol.
Barrieremethoden für den Mann und die Frau

Des Weiteren werden Barrieremethoden angeführt, die Kondome für Männer und für Frauen einschließen, sowie Diaphragma und Portiokappen. Da bei Sexualität auch stets das Risiko von sexuell übertragbaren Infektionen einbezogen werden sollte, wird an dieser Stelle zusätzlich erwähnt, dass die konsistente und korrekte Anwendung des Kondoms effektiv das Risiko für HIV und STI sowie Chlamydien, Gonorrhoe oder Trichomoniasis reduziert. Betont wird, dass die Vermittlung von Wissen zu Barriere-Methoden für Männer und Frauen in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung stärker beachtet werden sollte.

Coitus interruptus – beliebt, aber unsicher

„Coitus interruptus“ wird das rechtzeitige Herausziehen des Penis aus der Vagina bezeichnet, was in Fachkreisen zwar grundsätzlich nicht als Verhütungsmethode bewertet wird, im Alltag jedoch oft von Paaren angewendet wird. Aus diesem Grund wird auch diese Möglichkeit erörtert. Der Entschluss stellt allerdings dar, dass diese Methode nicht empfohlen werden sollte.

Intrauterine Verhütungsmethoden

Natürlich dürfen in derartigen Betrachtungen auch die intrauterinen Verhütungsmethoden nicht fehlen, zu denen die hormonfreien kupferfreisetzenden Pessare, zum Teil mit Legierungen Silber und Gold, in unterschiedlichen Formen zählen. Diese Arten der Kontrazeption sind sehr effektiv. Deshalb soll auch die Nutzung intrauteriner Verhütung in die Beratung von Patient*innen eingebunden werden.

Sterilisation für Mann und Frau – Aufklärung ist ein Muss!

Zuletzt wird das Thema „Sterilisation“ besprochen, welches sowohl für Frauen als auch für Männer als sicheres Verfahren gilt. Es gibt jeweils verschiedene operative Vorgänge, die durchgeführt werden können. Die Wahl der Methode hängt im Wesentlichen von der operativen Erfahrung, dem zur Verfügung stehenden Material, der Möglichkeit der Vollnarkose, den Kosten sowie dem Zeitpunkt ab. Über die Optionen der weiblichen und männlichen Sterilisation, einschließlich der Sicherheit der Methode, Risiken und Nebenwirkungen soll aufgeklärt werden.

Federführend erstellt wurde die Handlungsempfehlung von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) und Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). An der Erstellung der Handlungsempfehlung waren jedoch Autor*innen aus 15 Fachgesellschaften beteiligt. Eine Patientenversion ist derzeit in Arbeit.

Die Leitlinie finden Sie hier: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-095

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.