Proteinreiche Ernährung: Gefährdet sie die Nierengesundheit?

22.05.2023 - Veränderungen der Proteinzufuhr in der Nahrung wirken sich metabolisch auf die Nierenfunktionen aus. Bisher war jedoch nicht klar, ob und welche negativen Folgen einer langfristigen höheren Proteinzufuhr (HPI) für die Nierengesundheit bestehen. Deshalb hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine Übersichtsarbeit zur Klärung der Frage in Auftrag gegeben.

Nieren
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Die Literaturauswertung zeigt, dass weder Nierensteine noch andere Nierenerkrankungen in gesunden Erwachsenen bei einer über der Empfehlung liegenden Eiweißzufuhr häufiger auftreten. Möglicherweise passen sich Nieren einer proteinreichen Ernährung an. Für mögliche Empfehlungen seien jedoch Langzeitdaten, auch über Jahrzehnte, erforderlich.

Laut der Studienautor*innen sei bekannt, dass Ernährungsgewohnheiten die Stoffwechselfunktionen zahlreicher Organe, darunter auch die der Niere, beeinflussen. Eiweiß, steht seit vielen Jahrzehnten im Mittelpunkt der Nierenernährungsforschung, da in verschiedenen Studien beobachtet wurde, dass eine hohe Eiweißzufuhr (HPI) das Risiko eines Nierentodes erhöht, den Beginn der Dialyse bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen beschleunigt und die Risikofaktoren für die Nierensteinbildung im Urin erhöht. Bei Personen mit normaler Nierenfunktion liegen jedoch keine schlüssigen Erkenntnisse über mögliche langfristige Folgen einer gewohnheitsmäßigen proteinreichen Ernährung für die Nierengesundheit vor.

In die vorliegende Arbeit des Instituts für Ernährungs- und Lebenswissenschaften der Universität Bonn im Auftrag der DGE wurden Reviews mit kontrollierten Studien inkludiert, die Proband*innen mit normaler Nierenfunktion einschlossen. Es wurden sechs systematische Reviews mit Metaanalysen der enthaltenen randomisiert-kontrollierten Studien oder Kohortenstudien sowie drei systematische Reviews ohne Metaanalyse berücksichtigt, in denen der Zusammenhang zwischen einer hohen Proteinzufuhr (mehr als 0,8 g pro kg Körpergewicht am Tag) und chronische Nierenerkrankungen, Nierensteine sowie bestimmten Nierenfunktionsparametern (Albuminurie, die glomeruläre Filtrationsrate, der Serumharnstoff, der pH-Wert des Harns und die renale Calcium-Ausscheidun) analysiert wurde.

Die Autor*innen kamen zu dem Ergebnis, dass das Risiko für Nierensteine möglicherweise nicht mit einer proteinreichen Ernährung assoziiert ist. Ferner sei es möglich, dass die Ausscheidung des häufigsten Proteins im Blut, Albumin, nicht durch eine eiweißreiche Kost verstärkt wird. Komme es durch eine proteinreiche Ernährungsweise zu Erhöhungen anderer Nierenfunktionsparameter, dann sei es „wahrscheinlich“ oder „möglich“, dass es sich um physiologische Veränderungen ohne Krankheitswert handele.

Fazit

Die beobachteten Veränderungen der untersuchten Endpunkte unter eiweißreicher Ernährung legen nahe, dass das renale System sich an die erhöhte Zufuhr anpasse und die Alterationen physiologischen bzw. regulatorischen Charakter haben, wie es in der Arbeit des Bonner Teams heißt. Es gebe keine Evidenz dafür, dass proteinreiche Ernährung Nierensteine oder die chronische Nierenerkrankung auslöse.

Originalpublikation

Remer, T., Kalotai, N., Amini, A.M. et al. Protein intake and risk of urolithiasis and kidney diseases: an umbrella review of systematic reviews for the evidence-based guideline of the German Nutrition Society. Eur J Nutr 2023. https://doi.org/10.1007/s00394-023-03143-7