„Recht auf Vergessen“ für Krebsüberlebende: Dürfen Versicherungen und Banken nach Krebserkrankungen fragen?

12.12.2023 - Wer sich absichern will, denkt meist an eine Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung. Eine länger zurückliegende Krebserkrankung kann einen Vertragsabschluss aber verhindern. In der Folge kann es für Krebsbetroffene schwierig sein, Bankkredite abzusichern, auch wenn die Erkrankung schon einige Jahre zurückliegt. Weil dies Krebsüberlebende möglicherweise diskriminiert, wird auf europäischer Ebene aktuell ein „Right to be forgotten" („Recht auf Vergessen") diskutiert. Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums informiert über die aktuellen Regelungen in Deutschland.

Wichtige Information
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Vor Abschluss bestimmter Versicherungsverträge müssen Interessierte in der Regel einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Für Krebsüberlebende besteht dabei ein hohes Risiko, dass das Versicherungsunternehmen den Vertragsabschluss ablehnt, bestimmte Risiken ausschließt oder eine höhere Prämie festlegt. Banken stellen zwar keine Fragen zur Gesundheit, wollen aber – häufig über Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen – sicherstellen, dass ein Kredit zurückgezahlt wird. Mit dem auf EU-Ebene diskutierten „Recht auf Vergessen“ wird dieses Problem angegangen. Insbesondere für Menschen nach Krebs ist deshalb wichtig zu wissen, welche versicherungsrechtlichen Regelungen aktuell in Deutschland gelten.

Versicherung kann Vertrag wieder auflösen

In Deutschland regelt das Versicherungsvertragsgesetz, dass Gesundheitsfragen vor dem Abschluss eines Versicherungsvertrages wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen. Dabei haben Antragstellende eine umfassende Anzeigepflicht, die bei falschen oder unvollständigen Angaben eine Vertragsauflösung durch das Versicherungsunternehmen nach sich ziehen kann. Bei fahrlässigen Angaben hat das Versicherungsunternehmen fünf Jahre Zeit, seine Rechte wegen falscher Angaben geltend zu machen. Die Frist gilt nicht, wenn innerhalb dieses Zeitraums Versicherte bereits Leistungen erhalten haben. Bei Vorsatz und arglistiger Täuschung beträgt die Frist zehn Jahre. Das kann im schlimmsten Fall bedeuten, dass bereits erhaltene Zahlungen zurückgezahlt werden müssen. Oder, was regelmäßig der Fall ist, dass bereits gezahlte Versicherungsbeiträge samt Versicherungsschutz verloren gehen.

Erhalten Krebsüberlebende einen Bankkredit?

Banken stellen zwar keine Fragen zur Gesundheit, wollen jedoch sicherstellen, dass ein Kredit zurückgezahlt wird. Deshalb verlangen sie Sicherheiten zum Beispiel in Form einer Lebensversicherung oder einer Restschuldversicherung, bevor ein Kredit gewährt werden kann. Doch eben diese Versicherungen können für Krebsbetroffene schwierig sein.

„Right to be forgotten“ in Europa

Um Krebsüberlebende vor Diskriminierung zu schützen und ihnen den gleichen Zugang zu Versicherungen zu ermöglichen wie nicht an Krebs erkrankten Menschen, wird auf europäischer Ebene ein „Right to be forgotten“ („Recht auf Vergessen“) diskutiert. Das „Recht auf Vergessen“ soll die Möglichkeit von Versicherungen einschränken, vor Vertragsabschluss Fragen zur Gesundheit zu stellen. Eine Krebserkrankung soll damit versicherungsrechtlich „vergessen“ werden können. Damit könnte Krebsüberlebenden ein besserer Zugang zu Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ermöglicht werden. Portugal, Frankreich und Luxemburg haben bereits ein „Right to be forgotten“ eingeführt. Dabei stimmen die Regelungen in den verschiedenen Ländern zwar nicht in allen Einzelheiten überein, haben aber die Gemeinsamkeit, dass Betroffene zehn Jahre nach der letzten Behandlung ihre Krebserkrankung nicht mehr angeben müssen. Diese Frist beträgt für Kinder und Jugendliche sogar nur fünf Jahre.

Noch nicht in Deutschland

Bisher gibt es das „Recht auf Vergessen“ in Deutschland nicht. Daher empfehlen Verbraucherverbände nur Versicherungen abzuschließen, die rückwirkende Gesundheitsfragen bereits jetzt auf zehn oder fünf Jahre beschränken.

Quelle: Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)