Viel Fett, wenig Kohlenhydrate: Wie ketogene Diät bei Zystennieren helfen könnte

13.11.2023 - Eine klinische Studie der Universität zeigt, dass Ketose – ein Zustand, in dem der Körper primär Nahrungsfette als Energielieferanten nutzt – positive Auswirkungen auf die Nierenfunktion von Menschen haben kann, die von der vererbbaren polyzystischen Nierenerkrankung betroffen sind.

Nieren
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Die auch als autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) oder Zystennieren bekannte Krankheit ist die häufigste genetische Nierenerkrankung und verursacht circa zehn Prozent aller Fälle von Nierenversagen. An der Kölner Keto-ADPKD Studie nahmen 63 betroffene Patient*innen teil. Ziel der Studie war es, die Umsetzbarkeit, Wirksamkeit und Sicherheit von ketogener Diät als Therapie für Menschen mit ADPKD nachzuweisen.

Für die Studie wurden die Patient*innen in drei Gruppen eingeteilt:

  • Eine Gruppe ernährte sich drei Monate ketogen, also kohlenhydrat- und zuckerarm, aber fettreich.
  • Die zweite Gruppe machte im Studienzeitraum jeden Monat drei Tage Wasserfasten, was ebenfalls zum ketogenen Stoffwechsel führt.
  • Die dritte Kontrollgruppe richtete sich nach den gängigen Ernährungsempfehlungen: Die Salzzufuhr verringern und mehr als 2–3 Liter pro Tag trinken.

Die Machbarkeit der Ernährungsumstellung wurde als Kombination aus einem Fragebogen und einem Stoffwechseltest, der die Ketose und damit die Umsetzung der Diät nachweisen kann (β-Hydroxybuttersäure im Blut, Aceton in der Atemluft) definiert. 91 Prozent der Patient*innen auf ketogener Ernährung und 89 Prozent in der Wasserfasten-Gruppe werteten die Ernährung im Fragebogen als machbar.

Eine Ketose ließ sich in der Messung bei 85 Prozent der Teilnehmer*innen während allen drei Phasen des Wasserfastens nachweisen, 78 Prozent der ketogenen Diätgruppe zeigten zu allen drei Messzeitpunkten während der Ernährung höhere Werte als vor Beginn.

Bereits nach drei Monaten zeigten sich bei wichtigen Parametern wie der Nierengröße und der Nierenfunktion positive Signale bezüglich ADPKD. Während die Nieren unter ketogener Ernährung kleiner wurden, nahmen sie in der Kontrollgruppe an Größe zu. Dieses Ergebnis erreichte jedoch knapp nicht den bei klinischen Studien üblichen statistischen Schwellenwert (p = 0,08). Anders war dies bei der Entwicklung der Nierenfunktion. Bei Teilnehmer*innen unter ketogener Ernährung hat sich die Nierenfunktion während der Studie im Vergleich zur Kontrollgruppe statistisch signifikant positiver entwickelt. Das hatten die Studienautor*innen in Anbetracht der mit drei Monaten eher kurzen Behandlungsdauer noch gar nicht in dieser Form erwartet. Trotz dieser Erfolge genügen die Daten aber noch nicht für eine allgemeine Empfehlung zu ketogener Ernährung bei ADPKD, so die Wissenschaftler*innen.. Auch ist es aus Sicht der Forscher*innen wichtig, weitere Daten zur Sicherheit zu gewinnen. Hierbei sei insbesondere das potenzielle Risiko von Nierensteinen ein wichtiger Aspekt, denn zwei der Teilnehmer*innen in der Gruppe mit ketogener Diät zeigten während der Ernährung einen symptomatischen Nierenstein. Dies bedeute auch, dass eine ketogene Ernährung bei ADPKD in jedem Fall nur unter Beratung und Begleitung eines hierbei erfahrenen Nierenfacharztes durchgeführt werden sollte, der über dieses Risiko beraten, es einschätzen und gegebenenfalls vorbeugende Maßnahmen einleiten kann.

Warum ist ein ketogener Stoffwechsel von Vorteil bei ADPKD?

Bei der polyzystischen Nierenerkrankung sind die Funktionseinheiten der Nieren betroffen, die Nephrone. Diese entwickeln Zysten – mit Wasser gefüllte Säcke – welche die Nierenfunktion erheblich einschränken können. Mehr als 50 Prozent der Betroffenen werden im Alter von 50 bis 60 Jahren ihre Nierenfunktion endgültig verloren haben, sodass eine Dialysebehandlung (Blutwäsche) oder eine Nierentransplantation zum Ersatz der Nierenfunktion notwendig werden. Ziel der Behandlung ist, die Nierenfunktion zu erhalten und das mit der Erkrankung verbundene Größenwachstum der Nieren, welches häufig Beschwerden verursacht, zu verhindern. Durch die Umstellung der Ernährung passt sich der Körper an und wechselt seinen Stoffwechsel von der Kohlenhydrat-/Zuckerverbrennung (Glykolyse) zur Ketose, der Verbrennung von Fetten. Im Tiermodell wurde zuvor gezeigt, dass der Stoffwechselzustand der Ketose wichtig ist, um das Fortschreiten der Zystennierenerkrankung zu hemmen, da die Zystenzellen sich nicht an den geänderten Stoffwechsel anpassen können.

Originalpublikation

Cukoski S, Lindemann CH, Arjune S et al. Feasibility and impact of ketogenic dietary interventions in polycystic kidney disease: KETO-ADPKD-a randomized controlled trial. Cell Rep Med. 2023 Nov 6:101283. doi: 10.1016/j.xcrm.2023.101283. Epub ahead of print.

Quelle: Universität zu Köln, November 2023