Zu viel Niacin erhöht das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten

04.03.2024 - Warum haben manche Menschen auch ohne klassische Risikofaktoren wie einen hohen Cholesterinspiegel ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall? Ein internationales Forschungsteam hat sich angeschaut, was im Blutkreislauf betroffener Menschen kursiert und sie von anderen unterscheidet. Die Forschenden stießen auf Stoffwechselendprodukte von überschüssigem Niacin.

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Diese Stoffwechselendprodukte steigern das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen über einen Entzündungsmechanismus, sind die Forschenden überzeugt.

Um herauszufinden, welche bislang unentdeckten Risikofaktoren eine Rolle für Herz- und Gefäßerkrankungen spielen könnten, analysierte das Forschungsteam aus den USA und Deutschland Blutproben von über 1000 Patientinnen und Patienten, die eine Herzerkrankung hatten. Sie suchten kleine Moleküle, deren Spiegel die Wahrscheinlichkeit von Herz- und Gefäßkrankheiten unabhängig von traditionellen Risikofaktoren vorhersagen konnten. Zwei Moleküle waren besonders auffällig. Weitere Analysen ergaben, dass es sich dabei um die Substanzen 2PY und 4PY handelte: beides Stoffwechselendprodukte von überschüssigem Niacin.

Niacin ist ein wichtiger Nährstoff, der auch als Vitamin B3 bekannt ist. Etwa 15 Milligramm sollten Erwachsene pro Tag zu sich nehmen. Bei einer ausgewogenen Ernährung ist man ausreichend versorgt. Da während der Zeit der Großen Depression in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts allerdings viele US-Amerikaner*innen an lebensbedrohlichen Mangelerscheinungen litten, wird dort seitdem und bis heute Mehl und Getreideprodukten Niacin zugesetzt. Durch die heute übliche Ernährung führt das inzwischen zu einer Überversorgung der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass Niacin und andere Stoffe, die im Körper zu den gleichen Abbauprodukten verstoffwechselt werden, als Nahrungsergänzungsmittel zum Anti-Aging frei verkäuflich sind.

Zusammenhänge sind komplex

Die Forschenden gingen dem Zusammenhang weiter auf den Grund und fanden heraus, dass der Weg vom hohen 2PY- und 4PY-Spiegel zum erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen über entzündliche Prozesse der Gefäße verläuft.

Paradoxerweise kann Niacin den Cholesterinspiegel senken und wurde in der Vergangenheit als Cholesterinsenker in klinischen Studien getestet, führte aber dadurch nicht wie zu erwarten zu einer Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Zusammenhänge seien also komplex, und die neuen Erkenntnisse würden gut zu diesem Paradox passen, so die Forschenden.

Originalpublikation

Ferrell M, Wang Z, Anderson JT et al. A terminal metabolite of niacin promotes vascular inflammation and contributes to cardiovascular disease risk. Nat Med. 2024 Feb; 30(2): 424-434. doi: 10.1038/s41591-023-02793-8. Epub 2024 Feb 19

Quelle: Ruhr-Universität Bochum über idw-online.de