Fasten gehört zu den ältesten Heilverfahren und bedeutet, für eine gewisse Zeit bewusst auf feste Nahrung und Genussmittel zu verzichten und ausschließlich (reichlich) Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Begleitet von regelmäßigen Entleerungen des Darms und ausreichender Bewegung im Wechsel mit Ruhephasen, wird dem Fasten seit jeher eine reinigende (körperlich wie seelisch), vorbeugende und heilende Wirkung zugeschrieben.
Heute versteht man unter Heilfasten vor allem das von dem Internisten Otto Buchinger (1878-1966) entwickelte niederkalorische (= wenige Kalorien) Fasten mit Tee, Saft und Gemüsebrühen (nicht zu verwechseln mit einer Null-Diät, bei der nur Mineralwasser und evtl. Vitamin- bzw. Mineralstoffpräparate (= null Kalorien) erlaubt sind). Buchinger ging es dabei nicht nur um die Auswirkungen einer niederkalorischen Ernährung auf den Körper. Er betonte vielmehr auch die seelische Dimension des Fastens, die Chance, sich innerhalb der Fastenzeit auch von „seelischem Ballast“ zu befreien, eigene Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen und zu überdenken. Im Sinne einer „Diätetik der Seele“ legte er während des eigentlichen Nahrungsverzichts Wert auf „spirituelle Nahrung“ wie er sie beim Lesen, Meditieren, Musik hören und im Erleben der Natur fand.
Das Buchinger-Fasten dient auf körperlicher Ebene der Reinigung des Darms und des gesamten Körpers. Es fördert den Abbau und die Ausscheidung von Stoffwechselendprodukten (“Schlackenstoffen“) und reguliert die Produktion und Zusammensetzung der Verdauungssäfte. Es kommt zu einer Umstimmung des Körpers und zur Stärkung seiner Selbstheilungskräfte. Die mit dem Buchinger-Fasten einhergehende Gewichtsreduktion wird lediglich als „angenehmer Nebeneffekt“ gesehen. Gleichwohl kann das regelmäßig durchgeführte Fasten, verbunden mit einer Ernährungsumstellung in Richtung einer gesunden laktovegetarischen Kost, nachhaltig zur Gewichtsreduktion beitragen.
Da das Hungergefühl i. d. R. nach einigen Tagen nachlässt und der Körper vermehrt Endorphine („Glücks-Hormone“) ausschüttet, erleben viele Menschen die Fastenzeit als durchaus angenehm, als Bereicherung oder sogar mit einem Hochgefühl. Durch die Ruhe und Einkehr einerseits sowie die Abkehr von alltäglicher Routine und den bewusst gewählten (Nahrungs- und Genussmittel-) Verzicht andererseits wird das Fasten häufig auch auf seelisch-geistiger Ebene als Zeit der „inneren Reinigung“ empfunden und mit zahlreichen positiven Effekten verbunden.
Dauer und Durchführung
Gefastet wird in einem individuell festgelegten Zeitraum von ca. 5 Tagen bis (seltener) 5 Wochen. Besonders Fastenzeiten ab 1 Woche sollten therapeutisch von Ihrem Heilpraktiker oder Arzt begleitet werden. Viele Heilpraktiker bieten auch Fastengruppen an – die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten bietet Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und gegenseitiger Motivation.
Am Anfang stehen die Entscheidung, zu fasten und die gedankliche Vorbereitung darauf. Das Fasten sollte in einen Zeitraum gelegt werden, in dem ausreichend Ruhe und Muße zur Verfügung stehen. Zur Vorbereitung auf die Fastentage wird mit einigen Entlastungstagen mit leichter Kost begonnen. Mit einer gründlichen Darmreinigung (i. d. R. mit Glaubersalz, Bittersalz oder einem Einlauf) beginnt dann die eigentliche Fastenzeit. Erlaubt sind die Zufuhr von ca. 250-500 kcal in Form von Obstsäften und Gemüsebrühen und einer kleinen Menge Honig. Dazu sollten mindestens 2,5-3 l Flüssigkeit täglich (als Tee und Wasser) zugeführt werden. Im Anschluss daran erfolgen das sogenannte „Fastenbrechen“ (die erste Mahlzeit) und die Aufbautage, bei denen der Körper langsam wieder an feste Kost gewöhnt wird.
Viele Menschen wiederholen das Fasten regelmäßig und empfinden es als eine Form der bewusst und aktiv gestalteten „Lebenshygiene“. Andere wiederum entscheiden sich für einen regelmäßigen, festen Fastentag in der Woche. Neben dem Buchinger-Fasten mit Tee, Saft und Gemüsebrühen gibt es auch noch Sonderformen wie z. B. das Molke-Fasten.
Anwendungsbeispiele (alphabetisch)
- Allergien (z. B. allergisches Asthma bronchiale)
- Darmerkrankungen (z. B. Colitis ulcerosa, Reizdarm, Verstopfung)
- Hauterkrankungen (z. B. Neurodermitis, Schuppenflechte)
- Herz-Kreislauferkrankungen (z. B. Bluthochdruck, stabile koronare Herzkrankheit)
- Infektanfälligkeit (z. B. der oberen Atemwege oder ableitenden Harnwege)
- Migräne und andere Kopfschmerzen
- Müdigkeit (chronisch)
- Rheumatische Erkrankungen (z. B. Arthrose, rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew)
- Schmerzzustände (z. B. Fibromyalgie)
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus Typ II)
- Übergewicht
- Verdauungsbeschwerden
Gegenanzeigen/Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Risiken
Zu den Gegenanzeigen des Buchinger Fastens zählen:
- Diabetes mellitus Typ I
- Ess-Störungen (z. B. Ess-Brechsucht, Magersucht)
- Gicht
- Herzerkrankungen (ausgeprägt, z. B. fortgeschrittene koronare Herzkrankheit), Herzinsuffizienz)
- Infektionen (akute)
- Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren
- Leberinsuffizienz
- Medikamente (s. u.)
- Niereninsuffizienz
- Psychosen
- Schilddrüsenüberfunktion (wenn diese medikamentös schlecht eingestellt ist)
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Schwächezustände (ausgeprägt)
- Tumorerkrankungen (wenn Untergewicht bzw. eine Kachexie vorliehgen)
- Untergewicht
In einigen Fällen kann es während des Fastens zu Befindlichkeitsstörungen („Fastenkrise“) wie Herzklopfen, Hungergefühlen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Mundgeruch, niedrigem Blutdruck, Schlafstörungen, Schweißausbrüchen, Sodbrennen, vermehrtem Frieren, Wadenkrämpfen u. a. kommen. Aber auch Veränderungen der Gemütslage wie z. B. Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, Aggressivität, Unruhe, gesteigerte Empfindlichkeit oder auch Euphorie können auftreten. Sie sind oft als „Heilungskrisen“ und Zeichen der körperlichen und seelischen Umstimmung zu werten.
Auch die Einnahme einiger Medikamente (z. B. Antidiabetika (Mittel gegen Diabetes), Antihypertonika (Mittel gegen Bluthochdruck), Kortikoide (Kortison), nicht steroidale Antirheumatika (z. B. ASS) u. v. m.) kann während einer Fastenkur problematisch sein. Zudem kann die Wirksamkeit einiger oral eingenommener Verhütungsmittel (Kontrazeptiva) durch das Abführen eingeschränkt sein. Sprechen Sie deshalb vor Beginn unbedingt mit Ihrem Heilpraktiker, er berät Sie ausführlich zu Nebenwirkungen und Risiken auch hinsichtlich bekannter Vorerkrankungen (z. B. Gicht) und begleitet Sie durch mögliche Fastenkrisen.
Kosten
In der Regel wird Buchinger Fasten als Teil eines umfassenden Behandlungskonzepts angeboten und nach Aufwand abgerechnet. Sprechen Sie darüber mit Ihrem Heilpraktiker, er kann Sie im Vorfeld über die entstehenden Kosten informieren.
Autoren, Redaktion und Beratung
Autorin: Kirsten Buschmann, Heilpraktikerin
Redaktion: Elvira Bierbach, Heilpraktikerin; Ulrich Sümper, Heilpraktiker
Beratung durch:
Dipl. oec.troph. Dagmar Wolf, Heilpraktikerin
Wilhelm-Haverkamp-Str. 21
48308 Senden
dagmar.wolf-naturheilpraxis@web.de
Weiterführende Literatur
- Buchinger, A.; Jansing, L.: Buchinger Heilfasten. Mein 7-Tage-Programm für zu Hause. 5. Aufl., Trias Verlag, Stuttgart 2022
- Buchinger, O.: Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden als biologischer Weg. 26. Aufl., Haug Verlag, Stuttgart 2017
- Lützner, H.: Wie neugeboren durch Fasten. 3. Aufl., GU-Verlag, München 2019
Informationen zu wissenschaftlichen Studien und anderen Quellen z. B. unter
- Kjeldsen-Kragh, I., Haugen, M., Borchgrevink, A. et al.: Controlled trial of fasting and one-year vegetarian diet in rheumatoid arthritis.Lancet, 1991, 338:899-902
- Lipeki, R.: Klinische Studie zur Effizienz einer kombinierten Heilfastenbehandlung als Migränetherapie. Dissertation an der Julius-Maximilians-Universität, Würzburg 1990
- Peper, E.: Evaluation der Effekte und Erfolge von stationären Heilfastenmaßnahmen. Peter Lang Verlagsgruppe, Frankfurt/M. 1999
Adressen
Ärztegesellschaft Heilfasten & Ernährung e. V.
Dr. Eva Lischka, 1. Vorsitzende
Wilhelm-Beck-Str. 27
88662 Überlingen
info@aerztegesellschaft-heilfasten.de
www.aerztegesellschaft-heilfasten.de
Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung e. V.
Sandusweg 3
D-35435 Wettenberg
info@ugb.de
www.ugb.de
Diese Gesundheitsinformation wurde am 11.08.2022 erstellt und wird regelmäßig aktualisiert.